Andacht vom 21.07.2008:
Kennzeichen einer Wandlung
Darum: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. 2. Korinther 5,17
Petrus hat zweifellos Recht, wenn er behauptet, in den Briefen des Paulus sei "... manches davon nur schwer zu verstehen. Und deshalb haben Leute, die entweder unwissend oder im Glauben noch nicht gefestigt sind, vieles verdreht und verfälscht." (2 Pt 3,16 Hfa)
Das trifft nach meiner Beobachtung auch für den heutigen Andachtstext zu. Die paulinischen Schriften sind eben keine muntere Plauderei, die man so nebenbei ohne gründliches Nachdenken und Forschen erfassen könnte. Das richtige Verständnis des obigen Textes wurde noch erschwert durch den alten Luthertext von 1912, der auch heute noch von vielen Bibellesern benutzt wird. Darin lautet der Schluss: "... siehe, es ist alles neu geworden". Wer das ernst nimmt, steht bestürzt vor der Einsicht: Davon bin ich noch meilenweit entfernt! Die Liedzeile von Gerhard Tersteegen "In Wort und Werk und allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen" klingt zwar sehr schön, bleibt aber letztlich doch nur erstrebtes Ziel. (WLG 63,4)
Da brachte die Revision der Lutherbibel aus dem Jahr 1984 schon eine spürbare Erleichterung. Nicht mehr "alles" ist neu geworden, nur noch "Neues ist geworden". Doch worum geht es dem Apostel eigentlich? "Ist jemand in Christus" bedeutet bei Paulus: durch den Glauben zu Gott gehören. Wer getauft wurde, ist ein neuer Mensch. Eine "neue Schöpfung" war für die Rabbiner ein Ausdruck für den, dem die Sünden vergeben sind. Wenn zwei Menschen zum Standesamt gehen, um zu heiraten, dann gehen sie als Ledige hin. Nachdem beide ihr Jawort zur Eheschließung gegeben haben, erklärt sie der Beamte zu Eheleuten. Damit ist für sie ein neuer Stand begründet. Diese halbe Stunde im Standesamt hat sie zwar nicht in ihrem Wesen verändert, wohl aber bezüglich ihres gesellschaftlichen Stands. Genau das beschreibt Paulus. Der "alte Mensch" ist der Mensch ohne Gott und ohne Christus. Durch die Taufe wird er zu einem "neuen Menschen". Paulus erörtert hier nicht - wie an anderen Stellen - das Thema der Heiligung, auf das manche den obigen Text beziehen. Tatsache ist auch hier, dass oft erst der Zusammenhang den eigentlichen Sinn eines Textes erhellt. In 2. Korinther 5 erklärt Paulus die Versöhnung, die Gott durch Christus bewirkt hat. Diese Tat macht uns zu seinen Kindern, und zwar in dem Augenblick, in dem wir neu geboren werden aus "Wasser und Geist". Dann sind wir in Christus eine neue Schöpfung.
Joachim Hildebrandt
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.