Andacht vom 22.06.2004:
Sehnsucht nach dem Liebsten
Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Psalm 42,2.3
"Herr M. hat eine gute geistliche Einstellung", so ähnlich höre ich manchmal Christen über andere reden. Das könnte als Kompliment verstanden werden. Aber: "Frau B. zeigt überhaupt keine geistliche Haltung." Merken wir, dass hier Schubladen geöffnet werden? Meist kommt man beim Vergleich mit dem "geistlichen Leben" anderer selber besser weg. Doch da täuscht sich der Mensch! Geistliches Leben beweist sich nicht darin, dass ich mich als der "bessere Christ" präsentiere beziehungsweise meine, mehr zu wissen oder konsequenter zu sein im Glauben. Geistliches Leben hat erstrangig zu tun mit meinem Verhältnis zum lebendigen Gott. Es ist ein vom Geist Gottes geführtes und gesegnetes Leben - als Ausdruck meiner Sehnsucht nach Gott. Im Psalm Davids kommt dieses starke Bedürfnis nach Gott zum Ausdruck. Gott ist dem Psalmisten so wichtig wie dem Dürstenden frisches Wasser.
Dieser nach Wasser "schreiende, lechzende Hirsch" ist zunächst Jesus selbst. Über ihn erfahren wir im Neuen Testament, dass er vor Tag zum Beten aufsteht (Mk 1,35) oder eine ganze Nacht in Gemeinschaft mit dem himmlischen Vater wach bleibt (Lk 6,12). Das braucht Jesus mehr als Essen und Trinken (Jo 4,34). Und ist es nicht auch der nach Gemeinschaft mit dem Vater dürstende Gottessohn, der dann ganz in den Willen des himmlischen Vaters einwilligt? Geistlich leben ist gleichzusetzen mit einer tiefen, innigen Beziehung zu Gott. Ihn lieben von ganzem Herzen! Für den, den man liebt, hat man auch Zeit. Liebende zieht es förmlich zueinander. Sie nehmen jede Gelegenheit wahr, die Beziehung miteinander zu pflegen. So jedenfalls war es zwischen Jesus und dem Vater. Und von Jesus wollen wir ja lernen!
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.