Andacht vom 03.09.2008:
Gebetsleben ...
Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten. Matthäus 6,6
Er war eine in vieler Hinsicht würdevolle Erscheinung, der allseits geachtete Gemeindeleiter der Adventgemeinde meiner Kindheit. Doch es war nicht sein Amt, das ihn mir unvergesslich machte, sondern eine ganz bestimmte persönliche Angewohnheit: Woche für Woche sprach er zu Beginn des Gottesdienstes wortwörtlich das gleiche Gebet. Das war jedes Mal ein harte Prüfung für mich.
Wir Siebenten-Tags-Adventisten legten hinsichtlich Anbetung und Gottesdienst schon immer größten Wert auf Unmittelbarkeit und Echtheit. Natürlich war es noch nie ein Fehler, auch beim Beten die Grundzüge von Grammatik und Satzbau zu beachten. In der Regel ist uns allerdings viel wichtiger, auch für uns in Anspruch zu nehmen, was die Bibel über die Kommunikation zwischen Gott und Mose berichtet: "Der Herr aber redete mit Mose ..., wie ein Mann mit seinem Freunde redet." (2 Mo 33,11)
Wohl dem, der das auch im Blick auf sein ganz persönliches Gebetsleben mit Gott sagen kann - aber auch diese Medaille hat ihre zweite Seite. Manchmal vergessen wir nämlich doch, dass sich auch das müdeste Morgengebet während des Frühstücks nicht an den Nachbarn von nebenan, sondern an den Gott, den Allmächtigen, persönlich richtet. Dann klingt das, was ihm als persönliche Kommunikation zumuten, eben doch manchmal oberflächlich und gedankenlos.
Ich weiß, wovon ich schreibe. Oft genug bete ich mich aus gegebenem Anlass buchstäblich durch den Tag, und das geschieht dann eben bei Bedarf durchaus im "Telegrammstil". Diese Gebete sind manchmal in der Tat entbehrlich - aber oft sind's gerade diese Zeiten, in denen ich ganz deutlich spüre: Wenn Gott mich nicht hält und trägt, dann gehe ich unter! Deshalb brauche ich diesen Gott, mit dem ich reden kann, wie mit einem Freund, auch heute - und doch will ich nie vergessen, dass Er der Allergrößte ist...
Friedhelm Klingeberg
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.