Andacht vom 28.09.2008:
... wie auch wir vergeben unsern Schuldigern?
Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus. Epheser 4,32
Unseren Mitmenschen zu vergeben, wie Gott uns vergeben hat, ist in unserem Bibelwort eine Bitte, die Paulus an die Christen richtet. Jesus selbst erklärte in mehreren Predigten unsere Vergebungsbereitschaft zur Bedingung dafür, dass wir überhaupt die göttliche Vergebung erfahren (z. B. Mt 6,14f.; 18,35; Mk ll,25f.). Auch im "Mustergebet", auch "Vaterunser" genannt, spricht er deutlich darüber. Der Bitte "und vergib uns unsere Schuld" folgt der Satz "wie auch wir vergeben unsern Schuldigern" (Mt 6,12). Im Grundtext steht sogar "wie auch wir vergeben haben" (so auch GNB und Bruns).
Ob das jedem Christen klar ist, der das Vaterunser betet? Ob wörtlich oder sinngemäß spielt hier keine Rolle. Vor einem Jahr erlebten die Hörer der Morgenandachten im norwegischen Rundfunk eine peinliche Panne: Drei Tage hintereinander wurde das Vaterunser ohne den Satz "wie auch wir vergeben unsern Schuldigern" ausgestrahlt - und keiner merkte den Lapsus! "Was wir hörten, klang halt irgendwie richtig", war die allgemeine Reaktion.
So ein Fehler kann passieren, aber unverzeihlich wird es dann, wenn wir das unterlassen, was mit der Bitte um Vergebung verknüpft ist: auch dem Nächsten zu vergeben. Unverzeihlich bedeutet: Viele Christen werden eines Tages vor einer geschlossenen Himmelstür stehen, weil es im Reich Gottes keinen Platz für unversöhnliche Menschen gibt.
So weit braucht es aber nicht kommen. Das beste Mittel gegen chronische Unversöhnlichkeit und mangelnde Vergebungsbereitschaft steht indirekt in unserem Andachtswort: Über die Freundlichkeit und Herzlichkeit nachdenken, mit der uns Gott selbst begegnet ist, darüber nachdenken, wie viel und wie häufig er uns bereits vergeben hat!
Einem Menschen freundlich und herzlich zu begegnen bedeutet auch, ihm Gutes, Positives zu unterstellen. Gerade weil wir in der Regel eher negative, feindliche Gefühle argwöhnen, dreht sich die Spirale der Unversöhnlichkeit immer weiter. Je freundlicher und herzlicher wir unseren Mitmenschen begegnen, desto befreiter und glücklicher werden wir uns selber fühlen. Außerdem trifft es auch hier meistens zu: "Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus!"
Eli Diez-Prida
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.