Andacht vom 25.10.2008:
Kinderaugen
Und er war bräunlich, mit schönen Augen und von guter Gestalt. 1. Samuel 16,12
Als Andachtswort ist diese Bemerkung über den Hirtenjungen David gewiss etwas dürftig, aber sie kam mir in den Sinn, als ich an mein kleines Erlebnis dachte:
Ich wartete auf den Einlass in ein öffentliches Gebäude, als ich ihn sah. Er wartete auch. Singend vertrieb er sich die Langeweile. Als er merkte, dass ihn in etwa zwei Meter Entfernung ein aufmerksamer, aber fremder Zuhörer belauschte, verstummte er. Dafür begann nun ein Spiel mit den Augen. Wir schauten uns an. Er zunächst abwartend; ich so, wie Erwachsene einen Menschen anschauen, der erst zwei Jahre alt ist. Er musste mein Wohlwollen gespürt haben; denn nun fingen seine Augen an, mit mir zu spielen. Sich duckend blickte er verschmitzt unter der Stange seines Sportwagens hindurch, dann streckte er sich und schaute oben über die Stange hinweg; und immer wieder: unten durch und oben darüber. Bei jedem Blick wurden seine Augen strahlender und die meinen wohl auch. Wie viel Freude kann doch das Lächeln eines Kindes bereiten! Bevor Kinder sitzen, sprechen und laufen lernen, können sie lächeln. Lächeln muss man nicht lernen, es ist uns angeboren. Ein freundlicher Gott hat es uns mit in die Wiege gelegt, aber man kann das Geschenk des Schöpfers verderben lassen. Man kann das Lächeln verlernen. Wer ein Lächeln empfängt, lächelt meist zurück. Lächeln kann Herzen aufschließen.
Sicher bietet sich heute Gelegenheit für uns, das auszuprobieren.
Meine Wartezeit war zu Ende. Ich wurde eingelassen. Winkend verabschiedeten wir uns, wie zwei gute Freunde.
Lothar Reiche
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.