Andacht vom 25.11.2008:
490 Mal??
Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal. Matthäus 18,21.22
Das ist eine deutliche Antwort auf eine direkte Frage. Im Grunde heißt dies: Fang gar nicht erst an zu zählen, sondern vergib, sooft es etwas zu vergeben gibt. Egal, ob es ein ganzes Leben lang bei ein und demselben Menschen ist und vielleicht auch noch um dieselbe Sache geht.
Verlangt Jesus hier nicht entschieden zu viel? Werde ich nicht ausgenutzt oder für dumm gehalten, wenn ich so etwas praktiziere? Menschen können sich gegenseitig tief verletzen, demütigen und einander schweren Schaden zufügen. Da ist es nur natürlich, dass die Betroffenen Ablehnung, Wut, Hass oder Rachegefühle entwickeln. Manche Sachen sind so schlimm, dass man selbst als Unbeteiligter Wut empfindet und auf Vergeltung hofft. Gilt auch in solchen Fällen die Aufforderung, zu vergeben, oder gibt es Ausnahmen von der Regel?
Keiner kennt die Tragweite der Verletzungen, die Menschen einander zufügen, so gut wie Jesus selbst. Er hat während seines Menschseins tiefste Demütigungen hinnehmen müssen. Nur durch die ständige Beziehung zu Gott und durch dessen Kraft konnte er am Kreuz bitten: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."
Im "Vaterunser" beten wir: "Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern." Was wird sein, wenn Gott diesen Maßstab bei uns anlegt? Aus eigener Kraft werden wir nicht vergeben können; aber wenn wir Jesus um Hilfe bitten, wird Vergebung möglich.
Als Stephanus gesteinigt wurde, konnte er versöhnt sterben, weil er für seine Peiniger gebetet und ihnen vergeben hatte. Er hatte laut geschrien: "Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an." Wenn es möglich ist, dass Menschen, denen so schweres Leid zugefügt wurde, verzeihen konnten, wie viel mehr werden wir in der Lage sein, unseren Mitmenschen mit Gottes Hilfe bei den vielerlei Querelen des Alltags zu vergeben und Frieden zu machen, wo immer es möglich ist.
Marli Weigt
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.