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Andacht vom 25.01.2009:

Mit Blick auf den Friedhof ...

Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden. Psalm 90,12

"Die Wohnung an sich gefällt mir sehr gut, besonders das sonnige Wohnzimmer. Aber der Blick auf die Gräber ... wie makaber! Damit könnte ich mich nie abfinden. Nein, so direkt am Friedhof zu wohnen, ist nichts für mich!"

Wie bereits die Interessenten für die Nachbarwohnung, empfindet auch diese Frau eine solche Nähe zu Toten als unerträglich. Alle meine Bemühungen, die üblichen Bedenken zu zerstreuen, bleiben erfolglos. Weshalb verzichten Wohnungssuchende lieber auf friedliche Nachbarn, die nicht den geringsten Anlass zu Verdruss geben, noch eine Beschwerde über die lebenden Anwohner einreichen? Dabei weiß man doch aus eigener leidvoller Erfahrung, welche Last ein streitsüchtiger Nachbar sein kann!

Mein Mann und ich wohnen seit einigen Jahren in diesem Haus unmittelbar neben dem Kirchhof, und wir freuen uns über den ästhetischen Anblick der gepflegten, parkähnlichen Anlage mit ihren schön angeordneten Blumen. Von unseren beiden Südfenstern aus lassen sich reihenweise die Grabinschriften lesen. Diese in Stein gemeißelten Glaubenszeugnisse von Hinterbliebenen mögen manchen betagten Friedhofsbesucher zuversichtlich stimmen und jüngeren Generationen bewusst werden lassen, wie wertvoll das Leben mit Gott ist.

Warum bezeichnen so viele Zeitgenossen den Ausblick auf einen Friedhof als unerträglich? Ist es nicht ein Merkmal unserer modernen Gesellschaft, dass sie den Tod vom Leben abkoppelt? Es ist üblich geworden, Leidende und Sterbende aus ihrem familiären Umfeld in ein Krankenhaus, Heim oder Hospiz zu verlegen. Dort sind Ärzte und Pflegekräfte für sie zuständig. Als Besucher ist man froh, den Ort des Leidens schnell wieder verlassen zu können.

Weg zu schauen gleicht dem Verhalten eines Kleinkindes, das die Augen mit den Händchen bedeckt, wenn es sich fürchtet. Lässt sich beispielsweise die Tatsache, dass Millionen Menschen hungern, wegrationalisieren, indem man die Augen davor verschließt? Lässt sich das Sterben ausklammern, indem man nie einen Gedanken an den eigenen Tod zulässt?

Gott will uns helfen, dass wir unser Leben mit ihm so zu gestalten, dass wir allezeit bereit sind, wann immer er uns aus diesem Leben abberufen mag.

Brita Wagner

Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.

 

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