Andacht vom 21.05.2009:
Wenn der Tank leer ist ...
Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark. 2. Korinther 12,10
Mein Terminkalender war gut gefüllt, wie immer. Für Gott gibt es ja bekanntlich ständig was zu tun, und alles ist irgendwie wichtig: Gespräche, Termine, Manuskripte, Reisen, Briefe ... Pausen sind da eigentlich nicht wirklich vorgesehen. Hatte nicht Jesus selbst rund um die Uhr zu tun, damals, als er über diese Erde ging? Ganz zu schweigen von dem guten Gefühl, am Abend eines langen Tages in seinem Dienst buchstäblich aus dem letzten Loch zu pfeifen. Gott wird den Tank schon wieder füllen ... Und wenn er es einmal nicht tut? Ich weiß, wovon ich schreibe - spätestens seit dem Tag, an dem ich begann, auf schwankendem Boden zu leben. Es war nicht der Kreislauf, und zu wenig gebetet hatte ich ganz sicher auch nicht während dieser Zeit. Aber man kann in der Tat so viel für Gott zu tun haben, dass man einfach nicht mehr mitbekommt, wenn der Allmächtige höchstpersönlich auf die Bremse tritt.
Er hatte lange Geduld. Aber dann kam doch die "rote Karte". Nein, ich bin nicht zusammengebrochen, es gab keinen Weinkrampf und auch keinen Herzinfarkt. Fast schien es, als hätte er einfach den Stecker gezogen, so "sanft" zog er mich aus dem Verkehr. Der Tank war richtig leer, und er füllte ihn nicht wieder auf, sondern mir war, als würde er sagen: "Es reicht!" Und dann ging nichts mehr.
Geistliche Kraftlosigkeit ist ja unter frommen Menschen manchmal ein Thema, und dazu lässt sich immer viel sagen - rein theoretisch, versteht sich. Wenn du wirklich ganz am Ende bist, bleibt keine Kraft für solche Theorien. Wenn es plötzlich schwer fällt, Gottes Wort zu lesen und die Gebete immer kürzer werden, kannst du dich nur noch fallen lassen. Es ist das Einzige, was dir bleibt - und genau das, worauf es ankommt!
Nein, leicht ist es nicht, aber wer sich auf diese existenzielle Erfahrung einlässt, bekommt die Chance, Gott plötzlich ganz neu und ganz anders zu erleben. Ja, ich musste mich fallen lassen, aber ich fiel in seine Arme, und nie zuvor habe ich die Barmherzigkeit, Nähe und Fürsorge Gottes intensiver erlebt als in diesen Wochen und Monaten der Kraftlosigkeit. Ich war schwach, aber er war stark, und nur seine Stärke ließ mich leben.
Kennst du diese Erfahrung? Eins ist sicher: Seine Kraft liegt auch für dich bereit - heute und morgen und an jedem neuen Tag!
Friedhelm Klingeberg
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.