Andacht vom 26.07.2009:
Ich will alles - und das gleich!
Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind: Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Begierde und Habsucht, die Götzendienst ist! Kolosser 3,5 (Elberfelder)
Als unsere Kinder noch klein waren, sind wir mit ihnen durch ein Kaufhaus der Spielwarenkette "Toys'R'Us" gepilgert, um preiswerte Windeln zu kaufen. Unsere Tochter, bequem im Einkaufswagen sitzend, sah die Fülle der Spielsachen an sich vorbeiziehen und sagte, als sie die Puppen sah: "Ich will das!"; als sie die Bausteine sah: "Ich will das!"; als sie das Regal mit Malutensilien sah: "Ich will das!"; und schließlich: "Ich will alles!"
Wir leben in einer Gesellschaft, die darauf ausgerichtet ist zu konsumieren, zu kaufen und immer mehr haben zu wollen. Ja, natürlich, vieles von dem, was wir kaufen, bedeutet Lebenserleichterung. Etwa die nützlichen Haushaltsgeräte oder Werkzeuge, die Zeit sparen und die Arbeit vereinfachen.
Aber wir kaufen eben nicht nur das, was wir brauchen. Die Wirtschaft lebt davon, dass wir anschaffen, was wir eigentlich nicht brauchen. Bedürfnisse werden geweckt, Unnötiges wird angeboten und Altes in viel zu kurzen Abständen ersetzt. Und wir denken sogar noch, dass wir dadurch glücklicher und zufriedener werden. Konsum ist für viele zur Ersatzreligion geworden. Der Medienphilosoph Norbert Bolz schrieb: "Die Götter, die aus dem Himmel der Religionen verdrängt wurden, kehren als Idole des Marktes wieder." Konsum soll Sinn stiften und Lust befriedigen. Dem Bedürfnis nach Sicherheit und Anerkennung soll nicht mehr durch die Religion und in Kirchen entsprochen werden, sondern in Konsumtempeln und Supermärkten.
Neu ist das alles nicht, auch wenn es erst in unserer Zeit solch gigantische Ausmaße erreicht hat. Schon zur Zeit Jesu und der Apostel war die Konsumreligion präsent und die Gier, vieles besitzen zu müssen, stand in Konkurrenz zum Glauben an Gott. "Habgier ist Götzendienst" heißt es deshalb im heutigen Andachtstext. Nicht eine andere Religion, nicht eine andere Dogmatik, sondern das Fixiertsein auf materielle Dinge gefährdet die Beziehung zu Gott. Es ist wichtig, dass wir uns das bewusst machen, denn wir leben inmitten einer Konsumreligion und sind Kinder unserer Zeit.
Der Glaube an Gott und eine enge Beziehung zu Jesus Christus können uns die Kraft geben, dem Zwang des Habenwollens zu widerstehen. Vielleicht haben wir heute eine Gelegenheit, bewusst Verzicht zu üben, um damit ein Zeichen gegen die allgegenwärtige Konsumreligion zu setzen.
Roland Nickel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.