Andacht vom 09.09.2009:
Als die Zukunft noch besser war ...
Hier in der Wüste rottete sich die ganze Gemeinde Israel gegen Mose und Aaron zusammen. Sie murrten: "Hätte der HERR uns doch getötet, als wir noch in Ägypten waren! Dort saßen wir vor vollen Fleischtöpfen und konnten uns an Brot satt essen. Aber ihr habt uns heraus geführt und in diese Wüste gebracht, damit die ganze Gemeinde verhungert" 2. Mose 16,2.3 (Gute Nachricht Bibel)
Früher war alles besser! - Kennt jemand diesen Gedanken etwa nicht? Je älter ich werde, desto öfter ertappe ich mich dabei, an die "gute alte Zeit" zu denken: an die Tante-Emma-Lädchen meiner Kindheit zum Beispiel, in denen man noch ganz persönlich bedient wurde.
In der Stadt gab es freie Flächen, auf denen Kinder spielen konnten. Heute ist alles zugebaut oder zugeparkt. Früher hat es in Deutschland einmal eine Zeit der Vollbeschäftigung gegeben. Wer wollte, konnte arbeiten, ja er konnte sich sogar seinen Beruf aussuchen! Heute muss man froh sein, wenn man überhaupt einen Job hat. Auch die
Lebenshaltungskosten sind immens gestiegen. War es nicht wirklich besser damals vor zehn, zwanzig, dreißig Jahren? Klar, es gab auch kleine und große Krisen. Und trotzdem: Die Welt ist schwieriger geworden, unübersichtlicher, anonymer, kälter. Tief in mir steckt ein Bild von einer heilen Vergangenheit, die Erinnerung an eine Kindheit und Jugend, die manche Sorge noch nicht kannte, und nach der ich mich oft zurücksehne. Doch dann beschleicht mich die Unsicherheit: War es wirklich einmal besser, oder bilde ich mir das bloß ein?
Geht es mir vielleicht ein wenig wie den Israeliten, die sich nach den Fleischtöpfen Ägyptens sehnten und die Vergangenheit verklärten? Die Fleischtöpfe hat es in Wirklichkeit nie gegeben, gerade deshalb sind die Kinder Israels ja aus Ägypten geflohen - unter Gefahr für Leib und Leben -, weil sie es dort eben nicht mehr aushalten konnten; weil sie ausgebeutet wurden und für einen Sklavenlohn hart arbeiten mussten, weil Ägypten ihnen keine lebenswerte Zukunft bot.
Und was kam dann? Vierzig Jahre Wüste. Man kann sich die Not der Israeliten gut vorstellen. Sie sind frei, aber schutzlos. Sie maulen nicht aus böser Absicht, sondern aus Angst und Verunsicherung. In der Not können sie ihre Lage nicht mehr objektiv einschätzen.
Nostalgie hilft uns nicht weiter, aber Zukunftsangst auch nicht. Bitten wir Gott um Realitätssinn, damit wir uns heute nicht in unnötige Klagen verlieren, sondern im Vertrauen auf ihn unseren Tag bewältigen können.
Beate Strobel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.