Andacht vom 30.11.2009:
Wie tief "erkennen" geht
Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen. Johannes 17,3 (Elberfelder)
Eines Tages kam ein Student namens Hans in mein Büro auf dem Campus des Schulzentrums Marienhöhe in Darmstadt. Er bat um eine Arbeit auf dem Schulgelände, um sein Studiengeld zu verdienen. Nachdem er seinen Auftrag entgegengenommen hatte, ging er sofort an die Arbeit. Einige Minuten später verließ auch ich mein Büro.
Da entdeckte ich zu meinem Erstaunen, wie Hans im sauberen Anzug eiligen Schrittes Richtung Stadt marschierte. Ich war etwas verunsichert und rief ihn von hinten an, aber er reagierte nicht. Beim dritten Zuruf kehrte er abrupt um, und als er vor mir stand, sagte er: "Ja, ich weiß schon, wen du meinst, aber der bin ich nicht!", drehte sich um und verschwand. Sofort ging ich zur Arbeitsstelle, an der sich Hans eigentlich befinden müsste, und dort fand ich ihn vergnügt bei der Arbeit. Als ich ihm erzählte, was vorgefallen war, lächelte er: "Ach ja, das war mein Zwillingsbruder Philipp, der ist jetzt auch Student hier!" Ich war erstaunt, dass ich die beiden nicht unterscheiden konnte.
Ich beschloss, mich mehr mit Hans und Philipp zu beschäftigen. Je intensiver ich mich mit ihnen unterhielt und je genauer ich sie betrachtete, um so mehr Unterscheidungsmerkmale entdeckte ich in ihren Gesichtszügen, die mir bei der ersten Begegnung nicht aufgefallen waren. Philipps Nase war etwas schief, er hatte sie sich bei einem Boxkampf verletzt. Seine Bewegungen waren behänder, und er sprach etwas schneller als Hans. Im Laufe der Zeit fielen mir noch mehr Feinheiten in ihrer Mimik und Gestik auf, die ich anfangs nicht bemerkt hatte.
In einer ähnlichen Art und Weise verhalten wir uns Gott gegenüber. Wir Menschen sind überzeugt, Gott zu kennen und alles über ihn zu wissen. Aber in der Bibel bedeutet "erkennen" wesentlich mehr, als wir im Alltag darunter verstehen.
Gott sandte seinen einzigen Sohn als Mensch auf diese Erde, damit wir durch sein Leben und Sterben erkennen sollten, wie sehr Gott uns liebt. Je mehr wir Jesus und sein Leben betrachten und uns mit ihm beschäftigen, um so mehr werden wir durch ihn Gott erkennen und ihn lieben lernen.
Gott möchte seine Liebe in unser Herz schenken, damit wir ihn mehr und mehr erkennen. Durch den Glauben an Jesus können wir das heute und jetzt schon erfahren.
Adam Schiller
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
