Andacht vom 13.12.2009:
Königsberger Geschichten
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe! Psalm 24,7
Wir schreiben das Jahr 1623 n. Chr. Durch die Straßen Königsbergs weht ein starker Nordoststurm, der den Menschen den Schnee ins Gesicht wirbelt. Viele suchen im Dom Schutz. Der freundliche Küster öffnet ihnen die Tür mit den Worten "Willkommen in diesem Hause! Hier ist jeder in gleicher Weise willkommen, ob Patrizier oder Tagelöhner. Das Tor des Königs aller Könige steht jedem offen." Unter den Schutz Suchenden ist auch Pfarrer Weißel. Er freut sich über die guten Worte seines Küsters. Während er im Dom die hohen Türme und Tore betrachtet, kommt ihm die Idee zu einem Adventslied. Zu Hause beendet er es in kurzer Zeit. Entstanden ist das Adventslied: "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit".
Zu jener Zeit war es in Königsberg Sitte, dass der Kinderkirchenchor vor Weihnachten wohlhabenden Bürgern ein Ständchen brachte, um Spenden für die Armen zu sammeln. Nun gab es damals einen Kaufmann, der sehr unbeliebt war. Er hatte sich in der Nähe eines Armen- und Krankenheimes ein prächtiges Haus gebaut. Deren Bewohner benutzten bei ihrem Gang in die Stadt oder zur Kirche oft den kürzeren Weg über das benachbarte Wiesengrundstück. Weil der Kaufmann die armen und gebrechlichen Leute nicht ständig sehen wollte, kaufte er die Wiese und machte einen Park daraus. Den umgab er mit einem Zaun. Wo vorher der öffentliche Weg entlang führte, ließ er große Tore anbringen, die er fest verschlossen hielt.
Vor dem verschlossenen Tor hatten die Kinder sich aufgestellt. Der Pfarrer hielt mit lauter Stimme eine kurze Predigt, die auch im Haus des Kaufmanns vernommen wurde. Er sprach von der hochmütigen Blindheit, mit der viele Menschen dem König der Könige die Tore ihres Herzens versperrten. "Heute steht der König vor eurem verriegelten Tor. Ich rate euch, öffnet ihm nicht nur dieses Tor, sondern auch das Tor eures Herzens!" Während das Adventslied gesungen wurde, trat der Kaufmann heraus und öffnete das Tor für immer. Noch lange Zeit danach wurde der Weg durch die Wiese "Adventsweg" genannt. In der fünften Strophe dieses Adventliedes heißt es: "Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzen Tür dir offen ist."
Weit geöffnete Türen zu unserem Herzen erwartet der "König der Ehre" heute von uns!
Egon Schramm
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.