Andacht vom 21.09.2010:
Rufe getrost, halte nicht an dich! Erhebe deine Stimme wie eine Posaune und verkündige meinem Volk seine Abtrünnigkeit und dem Hause Jakob seine Sünden! Jesaja 58,1
So forderte Gott Jesaja auf, den Israeliten ihre Sünden vorzuhalten. Mit deutlichen Worten haben die Propheten des Alten Testamentes soziale Missstände ihrer Zeit kritisiert und konnten dabei ganz schön lautstark werden. Wie anders auch sollten sie mit ihrer wichtigen Botschaft durchdringen?
Die Stimme spielt in der Bibel eine große Rolle, nicht nur wenn es um Kritik geht. Auch in unserem Leben ist es wichtig, im wörtlichen und übertragenen Sinn die Stimme zu erheben.
Manchmal erlebe ich es, dass andere Menschen auf meine Stimme angewiesen sind. Ich kann denen meine Stimme leihen, die keine Stimme haben: Menschen, die sich aus Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes nicht trauen, ihren Mund aufzumachen, und sich schweigend ausbeuten oder mobben lassen. Oder Ausländern, die verächtlich oder ungerecht behandelt werden, weil sie sich nicht richtig ausdrücken können. Auch bei Problemen und Missständen unserer Gesellschaft sollte ich mir eine eigene Meinung bilden und meine Stimme erheben.
Eine Stimme zu haben, ist ein Geschenk Gottes. Es ist gut, sie zu pflegen und zu entwickeln. Dann kann ich sie im richtigen Moment angemessen einsetzen.
Einfach Losbrüllen hat jedoch noch nie viel gebracht. Mit dem richtigen Ton kann man viel mehr bewirken. Beruhigend auf jemanden einzureden hat zum Beispiel schon wichtige Entscheidungen in die richtige Richtung gelenkt oder gar manches Leben gerettet.
Eine immerzu leise Stimme sagt etwas über die Grundeinstellung dessen aus, der da redet. Aussagen wie: "Sie hätte niemals gewagt, die Stimme gegen ihn zu erheben", machen mir den Betreffenden suspekt. Soll man kleinlaut bleiben, bis man vielleicht ganz verstummt oder stumm gemacht wird?
Mir ist es wichtig, manchmal die Stimme zu erheben, mir Luft machen zu können, ohne zu verletzen oder deswegen verletzt zu werden. Selbstbewusst und freundlich, aber bestimmt meine Meinung zu sagen, anderen auch einmal zu widersprechen und die eigenen Bedürfnisse klar zu vertreten ist keinem in die Wiege gelegt. Das erfordert manchmal Mut und Überwindung, aber wir können es lernen, vielleicht von Vorbildern.
Ich wünsche dir stets einen guten Einsatz deiner Stimme im richtigen Moment!
Beate Strobel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
