Andacht vom 25.10.2010:
Orientiert euch an dem, was wahrhaftig, gut und gerecht, was redlich und liebenswert ist und einen guten Ruf hat, an dem, was auch bei euren Mitmenschen als Tugend gilt und Lob verdient. Philipper 4,8 (Hoffnung für alle)
In der Lutherbibel ist dieser Abschnitt überschrieben: "Mahnung zur Einigkeit und Freude" - aus gutem Grund. Die Flut der Nachrichten, Diskussionsthemen, Filme und Darstellungen in den Medien beinhaltet fast ausschließlich genau das Gegenteil von dem, was Gott uns durch Paulus empfehlt.
Schon vor hundert Jahren hat Christian Morgenstern (1871-1914) vorgeschlagen: "Es müsste Zeitungen geben, die immer gerade das mitteilen und betonen, was gerade nicht ist. Zum Beispiel: Keine Cholera! Kein Krieg! Keine Revolution! Keine schlechte Ernte! Keine neue Steuer! und dergleichen. Die Freude über die Abwesenheit großer Übel würde die Menschen fröhlicher und zur Ertragung der gegenwärtigen tauglicher machen."
Woran orientieren wir uns? Meine Beobachtung bei mir und anderen zeigt: Es ist viel leichter, lang und breit über das Negative, Böse, Sündhafte zu reden (und auch zu predigen), als das Gute, Lobens -und Liebenswerte zu betonen. Nichts ist leichter, als die Fehler anderer zu entdecken. Dazu braucht man weder Talent noch Selbstdisziplin noch Charakter. Es ist einfacher, zu kritisieren und auf die Fehler anderer den Finger zu legen, als zu ermutigen und zu loben.
In den Rätselecken bieten Zeitschriften auch die "Fehlersuche" an. Zwei auf den ersten Blick völlig gleiche Bilder stehen nebeneinander mit dem Hinweis: "Unserem Zeichner sind im zweiten Bild zehn Fehler unterlaufen." Mich reizt diese Fehlersuche, denn sie schult die Beobachtungsfähigkeit und Konzentration und erfordert ganz genaues Hinschauen. Doch wenn uns solche Übungen dazu verleiten, sie auch unseren Mitmenschen gegenüber, in der Familie, Nachbarschaft oder Gemeinde zu praktizieren, dann wird es kritisch. Wir belasten und vergiften die zwischenmenschliche Atmosphäre.
In einem Brief hat Ellen G. White jemandem geraten: "Es gibt keinen Grund, unseren Blick auf Fehler, traurige Umstände und Klagen zu richten. Wir verlieren nur kostbare Zeit und Gelegenheit, wenn wir über die Fehler anderer lamentieren."
Die im Andachtstext beschriebene Denkweise ist uns nicht in die Wiege gelegt. Darum kann sie uns nur mehr und mehr gelingen, wenn wir uns bewusst darauf einstellen. Vielleicht kommen wir heute schon dem Ideal einen Schritt näher.
Joachim Hildebrandt
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.