Andacht vom 06.01.2011:
Begehre nicht, was deinem Mitmenschen gehört: weder sein Haus noch seine Frau, seinen Knecht oder seine Magd, Rinder oder Esel oder irgendetwas anderes, was ihm gehört. 2. Mose 20,17 (Hoffnung für alle)
"Was hast du zu Weihnachten bekommen?" Das war eine Frage, die wir uns als Kinder gestellt haben, wenn wir uns nach den Feiertagen unter Freunden getroffen haben. Hat der andere mehr Geschenke bekommen als ich? Waren die Geschenke besser als meine? Einmal hatte mein Freund ein neues Fahrrad bekommen. Sofort war meines nicht mehr so gut und schön und ich wollte auch ein neues haben.
Das Vergleichen mit anderen ist aber nicht nur eine Sache der Kinder. Auch die Erwachsenen stehen scheinbar im Wettbewerb miteinander. In der Zeit des Wirtschaftswunders waren es Dinge wie neue Autos oder die Entfernung zum nächsten Urlaubsziel.
Der Philosoph Peter Sloterdijk behauptet, dass die kapitalistische Gesellschaft das zehnte Gebot in sein Gegenteil verkehrt hat: "Heute heißt die Regel umgekehrt: Du sollst begehren, was andere schon haben." (Cicero, Ausgabe 1/2009, S. 118) Die heutige Konsumgesellschaft benötige diese "Eifersuchtskonflikte, um das Betriebsklima einer Konsumgesellschaft' herzustellen." Um die Wirtschaft in Gang zu halten, müssen wir "begehren". Wir streben nach Dingen, die wir nicht haben, und schauen neidisch auf das, was sich andere leisten können. Uns wird eingetrichtert, dass wir immer das Modernste anschaffen müssen - das neueste Automodell, die bessere Digitalkamera mit einer höheren Auflösung oder das aktuellste Update unserer Software.
Das Gebot "Du sollst nicht begehren" setzt einen Kontrapunkt in unserer Gesellschaft, in der wir darauf gepolt sind, zu vergleichen, zu begehren und immer mehr haben zu wollen. Für den Philosophen Sloterdijk stellt dieses Gebot "die wichtigste psycho-soziale Hygieneregel in allen Zivilisationen dar".
Wenn dieses Gebot Leitlinie in zwischenmenschlichen Beziehungen wäre, gäbe es keinen Diebstahl, keinen Raub und keine Wirtschaftskriminalität mehr. Wenn wir dieses Gebot befolgen würden, wären wir zufriedener mit dem, was wir haben. Wir würden nicht mehr mit anderen vergleichen, sondern uns dankbar mit dem begnügen, was Gott uns geschenkt hat.
Roland Nickel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.