Andacht vom 17.08.2011:
Und [Jakob] träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. 1. Mose 28,12
Als ich mit zwanzig Jahren von Zuhause auszog, hatte ich sehr gemischte Gefühle. Es war nicht einfach, alles Vertraute und die Geborgenheit meines Elternhauses zurückzulassen. Doch ich wusste, dass ich zu Hause stets mit offenen Armen empfangen werde und dank Internet und Telefon trotz der räumlichen Entfernung mit meinen Lieben eng in Verbindung bleiben kann.
Als Jakob den im Andachtstext beschriebenen Traum hatte, hatte auch er gerade sein Elternhaus verlassen. Er war wesentlich älter als ich und die Umstände seines Auszugs waren ganz anders. Mit einer List und der Unterstützung seiner Mutter Rebekka hatte er sich den Segen für den Erstgeborenen von seinem Vater Isaak erschlichen (1 Mo 27,18ff.). Sein Bruder Esau schäumte vor Wut und drohte, ihn zu ermorden. Jakob musste daher fliehen. Jegliche Brücken zu seinem Zuhause wurden abgebrochen. Jakob war auf seiner Flucht voller Trauer, Wut, Verzweiflung und Angst, dass ihm der Weg zurück nach Hause für immer verwehrt bleiben würde. Telefon und Inernet gab es damals nicht.
In dieser Situation schenkte Gott Jakob einen Traum, in dem er ihm zeigte, dass er die Verbindung zu ihm aufrechterhielt. Obwohl durch Schuld und Versagen die menschlichen Verbindungen zerstört waren, suchte Gott den Weg zu Jakob. Doch er baute nicht nur eine Brücke oder stellte - wie in Jakobs Traum - eine Leiter auf, sondern auf dieser Leiter stiegen Engel auf und nieder vom Himmel zur Erde.
Gott zeigte Jakob, dass die wichtigste Verbindung im Leben - der Weg zu Gott - trotz seiner Schuld noch immer Bestand hatte. Diese Leiter zwischen Gott und Jakob war ein Zeichen von Gottes grenzenloser Gnade und Liebe. Gott, der große Brückenbauer, ermöglichte schließlich nach zwei Jahrzehnten, dass er wieder heimkehren konnte und von seinem Bruder sogar mit offenen Armen empfangen wurde. (Seine Mutter sah er allerdings nicht wieder.)
Gott kann auch unsere "abgebrochenen Brücken" neu bauen und uns neue Wege eröffnen. Vor allem aber bricht Gott die Verbindung zu uns nie ab. Bleiben wir uns dessen bewusst - auch ohne einen besonderen Traum!
Sandra Wagner
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.