Andacht vom 01.09.2011:
Da sprach Abram zu Lot: Lass doch keinen Streit sein zwischen mir und dir und zwischen meinen Hirten und deinen Hirten; wir sind doch Brüder! Ist nicht das ganze Land vor dir? Trenne dich doch von mir! Willst du nach links, dann gehe ich nach rechts, und willst du nach rechts, dann gehe ich nach links. 1. Mose 13,8.9 (Gute Nachricht Bibel)
Hier ging es um einen handfesten Streit und darum, wie Konflikte gelöst werden können. Abram (so hieß er da noch, siehe 1 Mo 17,4.5), zu dessen Hausstand viele Menschen gehörten, lebte mit seinem Neffen Lot und dessen Familie zusammen. Doch beide Männer besaßen große Tierherden. Der Konflikt breitete sich aus: Nicht nur die Familien bildeten Parteien, sondern auch ihre Hirten stritten um Quellen und Weideland für die Tiere.
Wie lässt sich solch ein Problem lösen? Auf den ersten Blick gibt es zwei Möglichkeiten: sich durchsetzen oder nachgeben. Abram hätte als der Ältere, Reichere und Mächtigere das "Recht des Stärkeren" ausüben und Lot wegschicken können. Nachzugeben wäre doch keine lohnende Option gewesen, denn wer zurücksteckt, findet sich mit einer schlechteren Position ab und wird von seinen Mitmenschen meist belächelt.
Abram wählte jedoch einen dritten Weg: Er bot Lot einen Kompromiss an, wie der Andachtstext zeigt (V. 9), und überließ seinem Neffen die Wahl zwischen der fruchtbaren Region und dem kargen Bergland. Abram wendete dabei keinerlei Druck und psychologische Tricks an, um Lot zu manipulieren. Er ließ ihm die freie Wahl.
Lot wählte das bessere Land (1 Mo 13,10.11). Er dachte an seine Familie und seine Viehherden und suchte für sich die optimale Lösung. Er tat damit das, was sich bis heute hartnäckig fortsetzt: Großzügigkeit wird meist ausgenutzt.
War Abram nicht ausgesprochen dumm? Nein! Er zeigte eine Möglichkeit auf, wie streitende Menschen einen Ausweg aus einem Kleinkrieg finden und dabei ihr Gesicht wahren können. Er übernahm Verantwortung und ging auch das Risiko ein, Nachteile zu erleiden, weil er wusste, dass eine gewaltsame Auseinandersetzung beide Seiten zu Verlierern machen würde.
Welch eine kluge und weise Konfliktlösung! Sie ist ein tägliches Vorbild für uns. Suchen auch wir stets nach dem besten Weg!
Adelbert Genzel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.