Andacht vom 20.10.2004:
Stillestehen
Das vernimm, Hiob, steh still und merke auf die Wunder Gottes! Hiob 37,14
Die Aufforderung, still zu werden und auf Gottes Wunder zu achten, stammt von Eliuh, dem jüngsten der Freunde Hiobs. Er hatte dem Hin und Her zwischen Hiob und den anderen Freunden lange zugehört und erst am Schluss das Wort ergriffen. Obwohl auch er keine befriedigende Antwort auf die Not Hiobs geben konnte, ist der oben zitierte Satz bis heute von grundlegender Bedeutung.
Für Eliuh war der Appell "stillzustehen" mehr als eine theoretische Größe. Er hatte selber etliche Tage geschwiegen und dem Reden der anderen zugehört. Wer von uns wäre dazu in der Lage? Haben wir uns nicht schon oft ertappt, anderen ins Wort gefallen zu sein? Und wer hat es nicht eilig? Unser Terminkalender ist voll, sodass wir fürs "Stillestehen" keine Zeit haben. Wir tun es notgedrungen, wenn wir auf ein Verkehrsmittel warten, das uns noch schneller ans Ziel bringen soll.
Wie gut meinte es unser himmlischer Vater, als er dem Volke Israel am Sinai das Gebot gab: "Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn deines Gottes, da sollst du keine Arbeit tun." (2. Mose 20,8-10)
Die Aufforderung Eliuhs enthält noch eine zweite Bitte: "... und merke auf die Wunder Gottes." Nur wem das "Stillestehen" gelingt, ist fähig, Gottes Wunder zu erkennen.
Hier handelt es sich nicht um spektakuläre Ereignisse, die auf den aktuellen Seiten der Tageszeitungen erscheinen würden. Es geht um große und kleine Schönheiten, der jeder erfassen kann, wenn er mit offenen Augen durch den Alltag geht. Dann entdeckt er den Duft einer blühenden Wiese, glitzernde Kristalle auf einem verschneiten Zweig, die fliegerischen Künste einer Möwe, die im Sturm unterwegs ist.
Wer bei solchen Dingen aufmerkt, wird innerlich reicher, weil er die Wunder Gottes zu einem Teil seines Lebens macht.
Gunter Klenk
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.