Andacht vom 05.07.2012:
Wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt, ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter. Matthäus 12,50 (Neues Leben)
Wenn ich mit dem Auto in mein Büro fahre, nehme ich die Kennzeichen der anderen Fahrzeuge, die mir begegnen, kaum wahr. Die meisten beginnen mit den gleichen Buchstaben, die auch auf meinem Nummernschild stehen: Also mit JL für Jerichower Land. Wenn ich dagegen irgendwo weit weg unterwegs bin und ein Fahrzeug sehe, dessen Nummernschild genauso wie meines beginnt, dann schaue ich schon genauer hin. Als wir im Süden Kroatiens den Urlaub verbrachten und dort auf einem Parkplatz ein Auto aus unserm Landkreis sahen, kamen wir gleich mit dem Fahrer ins Gespräch. Irgendwie fühlten wir uns verwandt.
Es ist doch erstaunlich: Hier zu Hause würde ich schief angesehen werden, wenn ich jemand nur deshalb anspreche, weil auf seinem KFZ-Kennzeichen die gleiche Stadt oder der gleiche Landkreis steht wie auf meinem Auto. Aber je weiter weg wir von zu Hause sind, umso mehr fühlen wir uns miteinander verbunden. Wie in einer großen Familie. Wie kommt das? Liegt es an der Sprache oder am Menschentyp? Vielleicht. Ich weiß es nicht. Aber es zeigt mir zuerst, dass wir eigentlich alle zusammengehören.
Viele freikirchliche Christen reden sich untereinander mit "Schwester" oder "Bruder" an. Das erscheint manchem erst einmal ungewöhnlich. Denn nicht jeder denkt gern an seine Geschwister. Als Kinder sagten wir: Freunde kann ich mir aussuchen, Geschwister muss ich nehmen. Heute denke ich anders. Manchmal entsteht zu Freunden eine so enge Beziehung wie zu Geschwistern. Deswegen bezeichnete Jesus auch seine Freunde als seine Schwestern und Brüder und erklärte: Jeder, der Gottes Willen erfüllt, ist für mich Bruder und Schwester.
Wenn wir diesen Sprachgebrauch auch heute beibehalten, dann wollen wir damit zum Ausdruck bringen, dass wir uns wie eine große Familie verstehen. Als Familie gehören wir zusammen und stehen füreinander ein. Wir erleben gemeinsam schöne Stunden, und versuchen in schweren Zeiten genauso füreinander da zu sein. Das macht Gemeinde anziehend. Und wer davon nur träumt und sich nach solchen Schwestern und Brüdern sehnt, der sollte das Wagnis eingehen. Der Versuch ist es wert!
Johannes Hartlapp
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.