Andacht vom 17.10.2012:
Erziehe den Knaben seinem Weg gemäß; er wird nicht davon weichen, auch wenn er älter wird. Sprüche 22,6 (Elberfelder Bibel)
"Die Jugendlichen von heute lieben den Luxus, haben schlechte Manieren und verachten die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer." Das klingt sehr aktuell! Es ist kaum zu fassen, dass diese Worte schon mehr als 2400 Jahre alt sind, denn sie stammen Sokrates (ca. 470-390 v. Chr.).
Das Erwachsenwerden ist eine schwierige Lebensphase für die Jugendlichen. Als Eltern und Ältere können wir diese Zeit nur mit viel Liebe und Verständnis und mit Gebet begleiten. "Uhren und junge Leute darf man nicht ständig aufziehen, man muss sie auch gehen lassen." In dieser Lebensweisheit kommt zum Ausdruck, dass Eltern ihren Kindern Freiraum zur Entfaltung gewähren müssen, damit sie zu selbständigen Persönlichkeiten heranreifen können.
Ein Jugendlicher sagte einmal zu seinen Eltern: "Ihr lasst mich ja gar keine Fehler machen!" Aus eigenen Fehlern zu lernen kann natürlich sehr schmerzlich sein und unangenehme Folgen haben (man denke nur an den Sex vor einer Heirat). Besser ist es, aus den Fehlern und Erfahrungen Anderer zu lernen. "Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst", sagte der frühere britische Premier Winston Churchill. Eltern befürchten häufig, dass Fehler der Beginn eines falschen Weges sein könnten und diesen möchten sie gern den jungen Leuten ersparen.
Seit vielen Jahren gibt es ausziehbare Hundeleinen, die sich um einige Meter verlängern, je nachdem, wie stark der Hund daran zieht. So ähnlich sollten auch Eltern lernen, den Aktionsradius ihrer Kinder zu erweitern, auch wenn natürlich noch klare Grenzen gesetzt werden müssen. (Diese Hundeleinen lassen sich nicht endlos ausziehen.) Die Balance zwischen Freiraum und Begrenzung muss mit Liebe und Weisheit gefunden werden.
Um diese Problematik wusste auch schon Salomo, wie unser Andachtstext aus den Sprüchen zeigt. Im Original macht er deutlich, dass man nicht alle Kinder und Jugendlichen gleich behandeln kann. Jedes Kind muss gemäß seiner Eigenart angefasst werden. Was bei dem einen gut wirkt, mag bei einem anderen negative Auswirkungen haben. Für christliche Eltern ist das Gebet um Weisheit daher unverzichtbar. Sie ist verheißen (siehe Jak 1,5). Und wir anderen müssen um Liebe und Verständnis bitten.
Günter Lentzsch
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.