Andacht vom 28.06.2013:
Aber seine [Samuels] Söhne wandelten nicht in seinen Wegen, sondern suchten ihren Vorteil und nahmen Geschenke und beugten das Recht. 1. Samuel 8,3
Da bin ich doch beim Bibellesen an diesem Satzteil hängen geblieben: "... seine Söhne wandelten nicht in seinen Wegen." Wie peinlich für den Propheten Samuel, dessen Wort etwas galt in Israel. Ein Vorbild im Glauben, ein Muster an Redlichkeit und Einsatz für die Sache Gottes - und dann das! Wie viele Abstriche wird man wohl offen oder hinter vorgehaltener Hand an dem gemacht haben, was Samuel äußerte. Wie oft mag man in Israel gehört haben: "Was Samuel sagt, in allen Ehren. Aber schaut euch mal seine Söhne an . naja!" Wie unerfreulich für den in Ehren ergrauten Gottesmann. Nein, nicht nur das, sondern regelrecht alarmierend.
Wie kommt es eigentlich, dass gerade Kinder von gläubigen Menschen oft nicht den gleichen Weg gehen wie ihre Eltern? Die Söhne Samuels sind ja kein Einzelfall in der biblischen Berichterstattung. Wir brauchen nur an die Söhne Elis oder Davids zu denken. Das positive Vorbild in der Familie war vorhanden - und selbst Defizite in der Erziehung können nicht als alleinige Ursache herhalten. Gewiss wird das mitgespielt haben, aber wo gibt es denn Eltern, die in der Erziehung ihrer Kinder unfehlbar waren oder sind?
Hier geht es noch um etwas anderes, nämlich um das Problem der zweiten Generation. Lebendiger Glaube ist das Ergebnis eigener Erfahrungen. Solche Erfahrungen bestimmen den Lebensweg und die Beziehung zu Gott - wie etwa bei Samuel, den der Herr beim Namen gerufen hatte. Doch gerade diese Erlebnisse mit dem Herrn des Lebens kann niemand direkt und nahtlos an die nachfolgende Generation weitergeben. Wir können religiöses Wissen, Erkenntnisse und Lehren vermitteln, und auch von unseren Erfahrungen können wir berichten, doch es sind unsere Erfahrungen und sie bleiben nur "erzählt" und nicht "erlebt"!
Auf das eigene Erleben aber kommt es an. Fromme Gewohnheiten, Traditionen und Lehren kann man übernehmen, nicht aber Erfahrungen mit Gott. Die muss jeder selbst machen, um zu einem lebendigen und tragfähigen Glauben zu gelangen. Deshalb die Bitte: Herr, lass uns und unsere Kinder nicht nur von Lehren oder Dogmen leben, sondern von der lebendigen Begegnung mit dir!
Günther Hampel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.