Andacht vom 02.10.2013:
Glücklich ist der Mensch, dessen Stärke in dir ist, in dessen Herz gebahnte Wege sind! Sie gehen durch das Tränental und machen es zu einem Quellort. Psalm 84,6.7 (Elberfelder Bibel)
Arthur Schopenhauer (1788-1860), der Philosoph des Pessimismus, war der Meinung, dass ein Gang durch unsere Krankenhäuser und Pflegeheime jeden vom sinnund hoffnungslosen Leiden der Menschen überzeugen müsste. Auch der Psalmist wusste, dass es kein Leben ohne Leiden gibt, und beschrieb den Weg auch der Gläubigen als einen Gang "durch das Tränental" (oder Seufzertal). Aber der Psalmist verfiel deswegen nicht in Depression. Für ihn war das "Tränental" nicht das Letzte.
Mit Gott ergibt man sich nicht einem resignativen Pessimismus. Die Gläubigen machen auf ihrem Weg das Tal "zu einem Quellort". Trotz der Tränen begleitet sie der Segen Gottes und schafft die Mittel, wodurch sie auf der Wanderschaft gekräftigt werden, damit sie nicht aufgeben müssen. Im Unterschied zu denen, die keine Hoffnung haben, wandert der Christ laut Matthias Claudius "auf dieser Erde zwar auch mit dem Fuß in Ungewittern, aber sein Haupt ragt in die Strahlen der Sonne". Das bedeutet, die Schwere des Weges nicht zu verniedlichen, zugleich aber von der Kraft zu leben, die der Glaube und die Hoffnung bieten.
Statt die Welt nur in ihrer Not zu schildern und sich damit zu begnügen, entwickelt der Glaube an Christus die Kraft zur Veränderung. Aus dem eigenen Leid, aber auch aus der Zuwendung zum Menschen, wurde so Johannes Falk (1768-1826) zum Freund der Waisenkinder, Friedrich von Bodelschwingh (1831-1910) zum Vater der sozial und seelisch Kranken und die Britin Elisabeth Fry (1780 -1845) zur Helferin verelendeter Frauen und zum "Engel der Gefängnisse".
Nachdem Johannes Falk in den Wirren der napoleonischen Kriege vier Kinder verloren hatte, schrieb er: "In dem allgemeinen ungeheuren Schmerz vergaß ich den meinen ... Ich fragte mich nach den Ursachen des ungeheuren Zeitenunterganges und fand sie bei so vielen Zeitgenossen, die nur redeten und schrieben, aber nie lebendig die Hände ans Werk legten." Das "Tränental" zu beklagen oder den Weg zu kritisieren, führt nicht weiter. Es gilt, "Quellorte" zu schaffen und sich für Menschen einzusetzen, damit sie wieder Mut und Kraft empfangen, auf dem Weg mit Jesus zu bleiben, um das Ziel zu erreichen.
Hans Heinz
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.