Andacht vom 10.04.2005:
Die fromme Kuh
Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel kennt's nicht, und mein Volk versteht's nicht. Jesaja 1,3
Folgende Geschichte mag zwar einfältig anmuten, doch sie drückt auf schlichte Weise aus, was in dem Jesajawort als Lehre steckt. "Es war einmal ein frommer Jude. Er besaß eine Kuh, mit der er pflügte. Als er all seinen Besitz verlor, war er gezwungen, diese Kuh an einen Heiden zu verkaufen. Der neue Besitzer arbeitete sechs Tage mit dem Tier auf seinem Feld. Als jedoch der Sabbat kam und er die Kuh aus dem Stall holen wollte, ließ sie sich nicht einspannen und verweigerte die Arbeit. Er fing an, die Kuh zu schlagen, aber sie rührte sich nicht. Da ging der Heide zu dem frommen Mann. ,Hole dir deine Kuh nur wieder ...' Der Jude begriff sofort, warum sich die Kuh so verhalten hatte. Sie war nämlich gewohnt, am Sabbat nicht zu arbeiten. Darum sagte der Jude zu dem neuen Besitzer: ,Komm, ich werde sie schon davon überzeugen, dass sie arbeiten muss.' Als er zu der Kuh hinkam, flüsterte er ihr ins Ohr: ,Du liebes Tier, als du bei mir warst, konntest du am Sabbat ruhen, aber wegen meiner Sünden war ich gezwungen, dich an einen Nicht-Juden zu verkaufen. Darum bitte ich dich, jetzt ihm gehorsam zu sein und zu tun, was dein neuer Herr dir befiehlt.' Sofort war die Kuh bereit, alle Arbeit, die man von ihr verlangte, zu verrichten. Der Nicht-Jude drängte daraufhin den frommen Mann: ,Ich lasse dir keine Ruhe, bis du mir erklärst, wie du das angestellt hast... Treibst du etwa Zauberei?' Da erzählte ihm der Jude, wie es zugegangen war. Als der andere das hörte, war er bestürzt und machte sich Sorgen über sich selbst. Er rief aus: ,Diese Kuh, die nicht reden und denken kann und keinen Verstand besitzt, hat dennoch erkannt, wer sie geschaffen hat. Und ich, geschaffen nach Gottes Bild und Gleichnis, ich erkenne meinen Schöpfer nicht, der mir Vernunft und Sachverstand gegeben hat." (Piet van Boxel, "Und er ruhte am siebten Tag")
Günter Lentzsch
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
