Andacht vom 09.05.2005:
Der Mensch auf dem Gottesthron
Der Herr sprach zu meinem Herrn: "Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache." Psalm 110,1
"O Wort aus Gottes Mund!" Was hast du uns zu sagen? Wenn man doch mit einem Blick sehen könnte, wie tief Weltgeschichte, Menschenschicksal und Menschengröße davon berührt werden! Aber man kann. Denn hat es das jemals gegeben, dass ein Menschenkind, ausgerüstet mit aller Macht, auf Gottes Thron Platz nehmen konnte? Das ist wahr geworden in Jesus Christus. Seit seiner Himmelfahrt sitzt er, mit Ehre gekrönt, neben Gott im Regiment. Weißt du, was das heißt? Die Sache des Menschen ist damit zur Hauptsache geworden. Aber was ist die "Sache des Menschen"? Es ist die Rechtfertigung des sonst verlorenen, verdammten und dem Tode ausgelieferten Menschen. Und damit ist es zugleich die Rechtfertigung aller Taten Gottes. Dies ist das wunderbarste Werk, das jemals vollbracht wurde. Darum wurde Jesus Mensch. Darum starb er. Darum wurde er schließlich in den Himmel gerufen. Wie gern hätten die Jünger den Auferstandenen immer leibhaftig neben sich gehabt! Sie konnten die Trennung vom Herrn nur ertragen, weil es unbedingt notwendig war. Nur wenn Jesus alle Macht der Welt in seine Hände nimmt, nur wenn niemand mit Recht dagegen Einspruch erheben kann, nur dann kann dem Menschen die größte aller Gaben, der Heilige Geist, geschenkt werden. Nicht etwa der Wunder wegen! Nein, der Mensch braucht Heiligen Geist, um das Leben führen zu können, das vom Himmel mit Recht von ihm erwartet wird. Denn in ihm, in seinem Herzen, prallen Gegensätze aufeinander: Lüge und Wahrheit, Gutes und Böses, Neigungen und Pflicht.
Der Mensch bedarf eines Geistes, der stärker ist als alle Triebkräfte seines Fleisches (Rö 8,14). Jesus allein hat die Macht, Heiligen Geist zu geben. Was liegt näher, als sich an ihn zu wenden? Nie hat er eine ernsthafte Bitte abgeschlagen. Denn das ist ein Grundgesetz des Himmels: Armen, Zugrundegerichteten, vom Leben Gebeutelten zu helfen.
Georg Richter
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.