Andacht vom 26.06.2005:
Anmaßungen
Mit welchem Recht verurteilst du also einen andern? Und warum verachtest du deinen Bruder, nur weil er sich anders verhält? Römer 14,10 (Hoffnung für alle)
Bildermalen ist angesagt. Jedes Kind soll sein schönstes Ferienerlebnis darstellen. Carolin malt einen blauen Hund mit sechs Beinen. Als die Gruppenleiterin im Kindergarten sie darauf anspricht, erzählt sie ihr von dem großen Schäferhund, den sie im Urlaub kennen gelernt hat. "Und schnell war der. Was denken Sie, wie der rennen konnte. Na, und blau habe ich deshalb genommen, weil das meine Lieblingsfarbe ist."
Richtig oder falsch gemalt? Wer bestimmt denn überhaupt, was richtig und was falsch zu nennen ist? Steht dahinter nicht oft unsere ganz persönliche Erfahrung? Die großen Kinder werden wohl keinen Hund mehr mit sechs Beinen malen, aber vielleicht haben sie auch verlernt, ihre eigene Phantasie und Erfahrung mit einzubringen, und wollen alle Aufgaben nur so lösen, dass der Lehrer ihnen eine gute Zensur gibt.
Richtig oder falsch kann niemals ein Maßstab sein, der die Person außer Acht lässt. Wie schnell meinen wir, ein Urteil über andere fällen zu können. Da halten wir den einen für geizig und die andere für falsch, den Dritten wieder für faul, und der Nächsten bescheinigen wir, sie habe zu wenig Intelligenz.
Wenn wir dann wenigstens noch sagen würden: "Das ist meine persönliche Meinung." Aber nein, wir tun so, als könnten wir entscheiden, was richtig und falsch ist. Deswegen rät uns Gott in der Bibel: "Urteilt nicht (vorschnell) über andere ... Denn mit dem Maßstab, den ihr an andere legt, wird man euch selber messen." (Lk 6,37.38)
Für diesen Tag wünsche ich uns viel Augenmaß, wenn wir über andere sprechen.
Johannes Hartlapp
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.