Andacht vom 08.08.2005:
Nicht plappern wie die Heiden ...
Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Matthäus 6,9
Ein strahlender Morgen. Mein Freund und ich saßen im Auto und fuhren zum Klettern in die Berge. Weil wir sehr früh aufgestanden waren, hatte er sich keine Zeit zu seiner morgendlichen "Meditation" genommen; die wollte er jetzt im Auto nachholen. Er war ein religiöser Weltenbummler und fischte sich aus allen Religionen zusammen, was ihm passte. Nun sollte ich in den Genuss dessen kommen, was er unter Meditation verstand. Er holte tief Luft und begann mit lauter Stimme: "Unser Vater im Himmel..." Er sprach bis zu der Zeile "... und erlöse uns von dem Bösen." Dann holte er wieder tief Luft und begann wieder von vorn - das Ganze mindestens fünfzigmal. Beim letzten Mal fügte er noch die Zeile von der Herrlichkeit an.
Auch wenn ich der Sache nichts abgewinnen konnte, brachte mich mein Begleiter doch zum Nachdenken über das Vaterunser. Er meinte: "Du musst dich ganz auf das Vaterunser einlassen." Das habe ich probiert. Nicht fünfzigmal, nicht im Sinne fernöstlicher Meditation, sondern mit bewusstem Nachdenken. Und mir wurde klar: In meinen Gebeten drehen sich die Gedanken hauptsächlich um mich - im Vaterunser aber dreht sich alles um Jesus. Meistens bringe ich meine Wünsche vor, wenn ich bete, aber das Vaterunser veranlasst mich darüber nachzusinnen, was Jesus will, dass ich mir wünschen soll. Er nimmt mich gedanklich mit zu dem, was ihm wichtig ist, und so wird er selber zum Mittelpunkt meines Denkens.
Seit jenem Erlebnis im Auto ist mir das Vaterunser lieb geworden. Es hat mich gelehrt, aus dem Kreis auszubrechen, den meine Gedanken bisher um mich zogen, und offen zu sein für das, was Gott mir geben will.
Oliver Fichtberger
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.