Andacht vom 24.08.2005:
Gottes Angesicht
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. 4. Mose 6,25
Ganz gleich, ob einer an ihn glaubt oder nicht, von Gott haben wir alle eine mehr oder weniger festgelegte Vorstellung: alter gutmütiger Opa; strenger Despot, der jeden Fehltritt ahndet; eine Art Automat, in den ich ein Zwei-Euro-Stück einwerfe, damit ich mir dann per Wahlknopf eine Tafel Schokolade oder ein Getränk entnehmen kann. Oder erscheint dir Gott als ein undefinierbares Wesen, ein Geist, der über den Wolken schwebt? Wie auch immer: Das Bibelwort konzentriert unsere Vorstellungen über Gott nur auf ein Detail, auf Gottes Angesicht.
Bei diesem Bibelwort denke ich immer an einen Kinderwagen. Da liegt so ein kleiner Knirps und kann sich vor Anteilnahme kaum retten. Alle Verwandten und Bekannten wollen in den Wagen schauen. Und was tun sie? Sie lächeln, reden freundlich auf den jungen Erdenbürger ein und warten nur auf eins: dass endlich ein Lächeln auf dem kleinen Gesichtchen zu sehen ist. Manchmal bilden sie es sich auch nur ein.
Ganz tief in uns allen scheint der Wunsch zu stecken, so ein Lächeln geschenkt zu bekommen. Bei Gott, dem Schöpfer aller Menschen, wird es nicht anders sein. Nicht mit strengem, zornigem und auch nicht mit desinteressiertem, teilnahmslosem Blick schaut er auf uns. Mit seinen leuchtenden, ermutigenden Augen sucht er vielmehr unseren Blick, mit dem wir erwartungsvoll zu ihm aufsehen und alles von ihm erhoffen. Er möchte uns mit seinen Augen begleiten. Er lasse sein Angesicht über dir und mir, über unserm Land und unserer schönen und doch so geschundenen Welt leuchten und sei uns gnädig.
Johannes Hartlapp
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.