Andacht vom 01.10.2005:
Nur durch Glauben?
Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus. Römer 5,1
Kennzeichen aller Religionen ist das menschliche Streben nach einem gnädigen Gott. Auch Martin Luther bemühte sich in der Zeit seines Mönchseins immer wieder um einen "gnädigen Gott". Aber er musste erfahren, dass er mit frommen Übungen, mit Fasten und Kasteien diesem Ziel keinen Schritt näher kam. Dann aber fiel ihm beim Studium des Römerbriefes etwas ganz Entscheidendes auf: das Evangelium als die Botschaft, die sagt, dass Gott den Menschen sucht. Durch Christus nimmt Gott den Sünder als sein Kind an, und wer an Christus glaubt, ist vor Gott gerecht. Paulus erklärt diesen einzigartigen Vorgang mit dem Wort "Rechtfertigung". Wer begreift, was dieser Begriff beinhaltet, wird auch verstehen, was in dem Wort "Evangelium" für uns enthalten ist.
Jesus hat das im Gleichnis vom verlorenen Sohn verständlich gemacht. Als dieser in der Fremde schmerzlich erkannte, was er verloren hatte, machte er sich auf, um wenigstens als Tagelöhner bei seinem Vater zu arbeiten. Der sah ihn bereits von ferne und lief dem zerlumpten Sohn entgegen, umarmte ihn und nahm ihn wieder als Sohn an.
Dieses Handeln Gottes zugunsten des Sünders nennt Paulus im Römerbrief Rechtfertigung. Dabei hat Gott das eine Ziel: die durch die Sünde zerstörte Gemeinschaft mit dem Menschen wiederherzustellen. Er behandelt uns so, als ob wir nie gesündigt hätten und rechnet die Gerechtigkeit seines Sohnes als unsere an. An uns liegt es, ob wir das im Glauben bejahen. Unser Glaube ist lediglich das Mittel zum Empfang unserer Rechtfertigung und gilt vor Gott nicht als Verdienst. Ich kann meinen Glauben und meine Rechtfertigung nicht machen, wohl aber annehmen. Größeres kann Gott uns nicht schenken!
Die Erkenntnis, allein durch den Glauben an Christus vor Gott gerecht zu sein, veränderte Luthers Leben grundlegend. Am 31. Oktober 1517 heftete er seine diesbezüglichen 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg. Sie gaben den Anstoß für die Reformation.
Manfred Böttcher
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.