Andacht vom 23.12.2005:
Gut gemeint
Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Römer 8,32
Eine besonders schöne Weihnachtsgeschichte mit dem Titel "Das Geschenk der Weisen" hat der Schriftsteller O. Henry erzählt. Sie handelt von einem jungen Ehepaar mit sehr bescheidenen Einkünften. Zwei Dinge gab es, auf die beide stolz waren: seine goldene Uhr und ihr wunderschönes Haar.
Als die Frau einen Tag vor Weihnachten trotz aller Sparsamkeit nicht einmal zwei Dollar hatte, um für ihren Mann ein Geschenk zu erwerben, fasste sie den Entschluss, ihre Haare zu verkaufen. Kurz geschoren, jedoch um zwanzig Dollar reicher, verließ sie den Salon, durchstöberte die Läden, bis sie endlich das Passende gefunden hatte: eine Kette aus Platin, die es wert war, die Uhr aller Uhren zu tragen. Zu Hause wich die Freude über das Geschenk der Vernunft. "Liebster, starr mich nicht so an", flehte sie, "ich habe meine Haare abschneiden lassen und verkauft, weil ich Weihnachten nicht überstanden hätte, ohne dir etwas zu schenken." - "Nichts könnte mich dazu bringen, dich weniger zu lieben", erwiderte er, "aber wenn du dieses Päckchen aufmachst, wirst du mich verstehen." Ihre Finger zogen an Schnur und Papier. Da lagen sie vor ihr, die Kämme, auf die sie so oft sehnsüchtig geblickt hatte, wohl wissend, dass sie ihr Haar niemals schmücken würden. Und jetzt gehörten sie ihr, aber die Haare waren fort. Traurig und erwartungsvoll zugleich brachte sie ihm die Uhrkette. "Gib mir deine Uhr, ich möchte sehen, wie sie sich daran ausnimmt!" Anstatt Folge zu leisten, suchte er nach Worten. "Unsere Geschenke sind zu schön, als dass wir sie gleich benutzen könnten. Ich habe die Uhr verkauft, um das Geld für deine Kämme zu bekommen."
Die Erzählung endet mit den Sätzen: "Da habe ich nun die Geschichte von zwei närrischen Kindern erzählt, die einander ihre größten Schätze geopfert haben. Von allen, die schenken und beschenkt werden, sind ihresgleichen am weisesten. Das gilt für immer und überall. Sie sind die Könige."
Gott schenkte den Menschen das größte Liebesgeschenk: seinen Sohn.
Michael Götz
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.