Andacht vom 18.03.2006:
Zwei Mönche auf dem Weg
Jesus aber sprach zu ihnen: "Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmer mehr dürsten." Johannes 6,35
Ich mag die Geschichte von den zwei Mönchen, die auszogen, das Ende der Welt zu finden, weil sie gehört hatten, dass sich dort eine Tür befände, hinter der der Himmel beginnt. Nachdem sie die ganze Welt umrundet und zahllose Abenteuer und Entbehrungen durchstanden haben, stehen sie plötzlich vor einer Tür mitten in der Wildnis und wissen: Das ist das Ende der Welt. Sie öffnen die Tür und schreiten hindurch - und befinden sich genau dort wieder, wo sie vor langer Zeit losgegangen waren.
Wenn ich die Leute heute anschaue, mich durch die TV-Kanäle zappe oder Magazine durchblättere, muss ich oft an diese zwei Mönche denken, auch bei folgendem Ereignis: 1997 wurde eine Bäckerei in Nashville berühmt, weil eines der Brötchen angeblich aussah wie das Gesicht von Mutter Theresa. Gleich wurde es als "Wunderbrötchen" vermarktet und hunderte von Schaulustigen kamen, um das Brötchen zu sehen.
Da dachte ich immer, die Menschen heute seien areligiös, aber wenn ich mich umschaue, entdecke ich "Wunderbrötchengucker"! Die Menschen - gebildet, wissenschaftsgläubig, kritisch, aufgeklärt - sind offensichtlich auf der Suche wie die zwei Mönche. Sie lesen jedes Horoskop, kaufen sich Glücksbringer, pilgern zu heiligen Stätten und sind fasziniert vom Mysteriösen und Unerklärlichen. Sie investieren viel Geld und Zeit und ich hoffe, sie kommen eines Tages an die Tür, die ihnen zeigt, wo der Himmel wirklich beginnt. Genau da, wo sie sind. Ist das nicht eine Ironie?
Wenn sie nur begreifen würden, dass das wahre "Brot des Lebens" ganz umsonst da zu haben ist, wo sie gerade sind. Dass man nicht dahin pilgern muss, keine Zauberformeln aufsagen, nicht auf Sternenkonstellationen zu warten braucht, sondern Gott hier und jetzt begegnen kann - in Jesus.
Jesus kam, damit die Menschen Gott treffen, wo sie sind: in ihren Häusern, bei ihrer Arbeit, in ihren Familien, auf dem Wochenendausflug. Das sind die Orte, an denen wir nach Gott Ausschau halten sollten. Und vielleicht auch im Gottesdienst. Da haben ihn auch schon welche angetroffen...
Dennis Meier
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.