Andacht vom 13.04.2006:
Teelichter und Teebeutel
Deshalb, meine Kinder, lasst uns einander lieben ... Daran zeigt es sich, dass Jesus Christus unser Leben bestimmt. 1. Johannes 3.18.19 (Hoffnung für alle)
An meiner Arbeitsstelle in einem Internat hatte ich vor Jahren eine ältere Kollegin, die unter uns Mitarbeitern noch immer in sehr guter und lebendiger Erinnerung ist. Sie hat in ihrem Leben viel durchgemacht, aber sie war ein Mensch, der sich nicht unterkriegen ließ. Wir Jüngeren bewunderten sie häufig, wie sie selbst nach langen Dienstschichten noch immer beruhigende Worte und Unternehmungsgeist zeigte, wo uns schon längst die Ungeduld gepackt hätte.
Meine Kollegin hat - und das hatte ich bisher bei keinem Menschen so ausgeprägt erlebt - die besondere Gabe des Schenkens. Sie verschenkte keine großen, materiell wertvollen Dinge, sondern Kleinigkeiten: Teelichter, bunt bemalt, beklebte Streichholzschachteln oder ein Lesezeichen. Stets lag bei ihren Geschenken ein aufmunternder Gruß und sie brachte ihre kleinen Gaben allen, mit denen sie zu tun hatte: den Mädchen und Jungen im Internat, uns Kollegen, den Vorgesetzten, den Postbeamten, den Handwerkern, den Mitarbeitern des Jugendamtes ... Kleine Dinge mit einer großen Wirkung.
Heute noch, Jahre nach ihrer Pensionierung, werde ich manchmal angesprochen: "Ach, Sie arbeiten in diesem Internat? Ich kannte da mal eine nette ältere Dame, die schenkte mir eine Kerze. Grüßen Sie sie doch von mir, ich denke noch oft an sie!"
Auch unter den jungen Leuten hat sich diese Art des Schenkens und Mutmachens fortgesetzt. Oft bekomme ich einen kleinen Briefgruß von ehemaligen Schülern. Da liegt ein Teebeutel im Kuvert und auf einer Karte steht: "Weißt du noch, wie wir damals, als es mir so dreckig ging, alle zusammen Tee getrunken und geredet haben? Das werde ich nie vergessen!"
Es sind manchmal nur winzig kleine Dinge und eine große, liebevolle Phantasie, die einen anderen Menschen prägen und ihn Christus spüren lassen.
Beate Strobel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.