Andacht vom 08.10.2006:
Gleich und gleicher
Ihr alle seid jetzt mündige Söhne und Töchter Gottes - durch den Glauben und weil ihr in engster Gemeinschaft mit Jesus Christus verbunden seid ... Es hat darum auch nichts mehr zu sagen, ob ein Mensch Jude ist oder NichtJude, ob im Sklavenstand oder frei, ob Mann oder Frau. Durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle zu einem neuen Menschen geworden. Galater 3,26.28 (Die Gute Nachricht)
Für die Menschen der antiken Welt waren das ungewohnte Worte, lag der damaligen Lebensweise doch ein Denkschema zu Grunde, das ausgerichtet war auf Herkunft, Stand, gesellschaftliche Position und Volkszugehörigkeit. Die christliche Gemeinde war die einzige Zuflucht, wo sich Menschen aller Klassen und Rassen als Gleiche unter Gleichen begegnen konnten. Was die hier Versammelten einte, war der Glaube an Jesus Christus.
Wie ungewöhnlich das war und was für konkrete Situationen sich daraus ergaben, belegt eine Überlieferung aus der Frühzeit der christlichen Gemeinde. Ein einflussreicher Mann, ein Würdenträger, war Christ geworden. Als er in den Gottesdienst kam, begrüßte ihn der Älteste und forderte ihn auf: "Würdest du bitte neben diesem Bruder Platz nehmen?" Der Mann entgegnete: "Aber dieser ist mein Sklave. Ich kann mich doch nicht neben ihn setzen." Ruhig wiederholte der Älteste: "Würdest du bitte dort Platz nehmen?" "Aber ...", sagte wieder der Würdenträger. Der Älteste blieb freundlich, doch bestimmt. Der Neugetaufte war ratlos, aber dann zeigte sich ein gewisses Verstehen auf seinem Gesicht. Er ging hin, gab seinem Sklaven den Friedenskuss und setzte sich neben ihn. - Herr und Sklave sind eins in Christus und gleich vor Gott. Welch eine Botschaft für eine Welt, die von den Unterschieden zwischen den Menschen lebt - heute wie damals!
"Lasst euch von Gott zu neuen Menschen machen, die nach seinem Bild geschaffen sind und seinen Willen erfüllen. Wo das geschieht, zählt es nicht mehr, ob einer Jude ist oder nicht, ob er beschnitten ist oder unbeschnitten, ob er ungebildet oder gar völlig unzivilisiert ist, ob er Sklave ist oder frei. Es gibt nur noch Christus, der in allen lebt und der alles wirkt." (Kol 3,10.11)
Günther Hampel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.