Andacht vom 19.11.2006:
Menschliche Leihgaben
Ich bitte ... für die, die du mir gegeben hast; denn sie sind dein. Johannes 17,9
Mehrmals sagt Jesus im hohepriesterlichen Gebet, dass ihm der Vater die Jünger gegeben hat. Man könnte nun erwarten, dass er - vielleicht voller Dankbarkeit und Stolz - ausruft: "Sie sind mein!" Jesus aber betet zum Vater: "Meine Jünger sind dein." Als Gottes Eigentum stehen wir unter seinem Schutz. Er wird seine Gemeinde bewahren. "Die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen." (Mt 16,18) Wir leben aber nicht nur unter seinem Schutz, sondern auch unter seiner Fürsorge. Als Beispiel wird uns in der Bibel die Geschichte der Wüstenwanderung des Volkes Israel berichtet. Trotz der schwierigen Bedingungen dieser Reise hatte Israel immer alles, was es zum Leben benötigte. Gott sagt aber nicht nur: "Du bist mein", sondern auch: "Ich bin dein!" Die "Überschrift" der Zehn Gebote lautet: "Ich bin der Herr, dein Gott." (2 Mo 20,2) Wie in einer Ehe die Partner von sich sagen: "Ich bin dein und du bist mein", so ist es auch in der persönlichen Beziehung zu Gott: Ich darf Gott als meinen Vater ansprechen.
Aber kommen wir noch einmal auf unseren Ausgangspunkt zurück: Jesus betrachtet seine Jünger offenbar als "Leihgabe Gottes". Wie stehen wir zu den Menschen, die Gott uns gegeben hat? Wie sehen wir unseren Ehegatten, unsere Kinder, unsere Glaubensgeschwister und Freunde? Sie sind uns anvertraut - und bleiben dennoch Gottes Eigentum. Das heißt: Ich muss vor Gott verantworten, was sie mit mir erleben. Meine Kinder sind auch Gottes Kinder. Welche Ziele verfolge ich mit ihnen? Mein Ehepartner ist gleichzeitig eine Gott gehörende Person. Bin ich ihm Helfer zur Seligkeit?
Andererseits bedeutet diese Tatsache aber auch, dass ich nicht allein für die Menschen verantwortlich bin, die Gott mir anvertraut hat. Meine Familie ist Gottes Familie, ihm darf ich sie anvertrauen. Und wenn ich einmal nicht mehr bin, dann bleibt doch Gott, und meine Lieben sind in seinen Händen, denn seine Verheißung gilt auch heute noch: "Mein Vater und meine Mutter verlassen mich, aber der HERR nimmt mich auf." (Ps 27,10)
Johannes Arnold
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.