Andacht vom 04.06.2007:
Verzeihen macht stark!
Da wandte sich Petrus an Jesus und fragte ihn: "Herr, wenn mein Bruder oder meine Schwester an mir schuldig wird, wie oft muss ich ihnen verzeihen? Siebenmal?" Jesus antwortete: "Nein, nicht siebenmal, sondern siebzig mal siebenmal!" Matthäus 18,21 (Gute Nachricht Bibel)
"Gott verzeiht, Django nie!" heißt ein alter Western. Ein ziemlicher Schwächling, dieser Cowboy Django. Denn ich glaube, man muss ganz schön stark sein, um vergeben zu können, was einem zugefügt wurde.
Vielleicht will man den anderen auch ein wenig spüren lassen, wie viel Leid er mir verursacht hat. Beim so genannten Täter-Opfer-Ausgleich haben beide Seiten Gelegenheit, sich nach schweren Konflikten oder gar Straftaten neu zu begegnen. Die persönliche Auseinandersetzung unter Beteiligung unparteiischer Dritter macht es möglich, sich auszusprechen, eine Entschuldigung vorzubringen und sich um Wiedergutmachung zu bemühen.
Immer wird das allerdings nicht gehen. Es gibt Taten und Verbrechen, die so folgenschwer sind, dass der Betroffene einfach nicht verzeihen kann. Mit dieser Entscheidung müssen dann auch die Täter weiterleben.
Tief beeindruckt hat mich diesbezüglich eine wahre Geschichte aus Südafrika, wo in den letzten Tagen der Apartheid eine junge, engagierte weiße amerikanische Sozialarbeiterin von einer Gruppe schwarzer Jugendlicher aus purem Hass auf Weiße erschossen wurde. Die Jugendlichen kannten ihr Opfer überhaupt nicht. Die Eltern der jungen Frau - es war ihr einziges Kind - kamen nach Südafrika, lernten die Mörder kennen und verziehen ihnen. Mehr noch: Sie bewirkten sogar, dass sie vor Gericht freigesprochen wurden.
Dann gründeten sie zusammen mit den jungen Männern eine Hilfsorganisation für Straßenkinder und arme Familien. "Es wäre im Sinne unserer Tochter gewesen, auf diese Weise ihr Werk fortzusetzen!", sagten die Eltern.
Die jungen Männer haben durch diese Erfahrung die Chance zu einem sinnvollen Leben bekommen. Jeden Tag werden sie daran erinnert, dass sie all das nur der Vergebungsbereitschaft zweier großherziger Menschen zu verdanken haben. Die Eltern sind heute bei ihren Familienfesten dabei, es fällt kein Wort von ewiger Dankbarkeit. Für sie ist es genug, diesen jungen Menschen einen Weg in ein normales Leben ermöglicht zu haben.
Ich wünsche uns allen, dass wir mit Gottes Hilfe immer wieder bereit sind, anderen Menschen zu verzeihen, und selbst zu anderen sagen können: "Es tut mir Leid!"
Beate Strobel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.