Andacht vom 05.07.2007:
Eingriffe und Untergriffe
Niemand aber unter euch leide als ein Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder als einer, der in ein fremdes Amt greift. 1. Petrus 4,15
Neulich konnte ich mich wieder einmal nicht zurückhalten: Der Technikbeauftragte der Gemeinde hatte das Mikrofon zu leise eingestellt. Da bin ich vor meiner Predigt schnell selbst zum Mischpult gegangen und habe die Lautstärke richtig nachgeregelt. Alle Zuhörer konnten danach prima hören, aber irgendwie war eine frostige Stimmung im Saal entstanden.
Vielleicht kennen wir das auch: dieses Gefühl, etwas besser zu können oder zu wissen, und es lässt uns keine Ruhe, bis wir uns nicht wieder selbst um alles gekümmert haben. In manchen Situationen kann ein spontanes Eingreifen die schnelle Lösung bringen, doch langfristig ruft es bei anderen eher Unlust und Frust hervor.
Wer in das Amt eines anderen eingreift, wer sich ungefragt in "fremder Leute Sachen einmischt" (nach der rev. Elberfelder), der vermittelt gewollt und ungewollt zwei Botschaften: "Ich weiß die Lösung und du kannst sie ohne meine Hilfe sowieso nicht finden!"
Wie fühlt sich jemand, dem so "geholfen" wird? Ermutigt? Ausgebildet? Anerkannt? Meistens ist das Gegenteil der Fall. Wer immer wieder bevormundet und belehrend behandelt wird, zieht sich irgendwann lautstark oder still von der Mitarbeit und Verantwortung zurück.
Petrus warnt in seinem Brief vor selbst verursachtem Leid und nennt das "Eingreifen in ein fremdes Amt" im gleichen Atemzug mit Mord und Diebstahl. Vielleicht kann uns das helfen, beim nächsten Mal wieder deutlich mehr beziehungs- und weniger erfolgsorientiert zu reagieren. Es kann eine große Hilfe sein, vor einem "Eingreifen" einen kurzen Moment nachzudenken, ob die Aktion wirklich erfolgreich sein wird oder nur Enttäuschung und schlechte Stimmung hervorruft.
Darüber hinaus muss man sich auch immer wieder bewusst machen, dass jeder Mensch seine Aufgaben und Pflichten individuell und mit den von Gott geschenkten Fähigkeiten und Talenten ausüben wird.
Mag Gott uns heute dabei mit dem Wort aus Philipper 2,3 segnen: "...in Demut achte einer den andern höher als sich selbst."
Olaf Vogt
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.