Andacht vom 30.06.2004:
Die Braut
Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben. Johannes 17,6
Wir, die Gemeinde, sind ein Geschenk Gottes, des Vaters an seinen Sohn. Zweimal betont Jesus in unserem Andachtswort diese Tatsache. Nun verschenkt man ja eigentlich keine Menschen! Der Mensch ist ein freies Wesen, das über sich selbst entscheiden kann. Gegen die entwürdigende Praxis, Menschen als Ware zu be-trachten und sie auf dem Sklavenmarkt feilzubieten, hat man Jahrhunderte lang gekämpft; schließlich wurde die Sklaverei in der ganzen Welt geächtet. Doch bis heute haben Verbote den Menschenhandel nicht beseitigt. Noch immer werden Kinder verkauft, wird mit Frauen und Mädchen gehandelt, werden billige Arbeitskräfte "vermittelt", und manch einer ist in so großer Not, dass er sich für wenig Geld selber anbietet. Will Jesus in diesem Text sagen, dass wir seine Knechte sind und dass Gott als "Sklavenhalter" einige seiner "Leibeigenen" seinem Sohn geschenkt hat: "Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben"? Gewiss, Paulus bezeichnet sich als "Sklave Jesu Christi", und es ist durchaus biblisch, die Gläubigen "Knechte Gottes" zu nennen. Aber da auch der Sohn Gottes in den messia-nischen Weissagungen des Jesaja der "Knecht Gottes" genannt wird, erhält diese Bezeichnung eine andere Bedeutung.
Richtig verstehen wir Johannes 17,6 erst, wenn wir ein anderes biblisches Bild für die Gemeinde betrachten. Immer wieder wird sie mit einer Braut verglichen. In diesem Licht bekommt das Wort "Du hast sie mir gegeben" etwas Strahlendes. Bis in die neuere Zeit war es üblich, dass der Bräutigam beim Vater der Braut um die Hand der Tochter anhielt. Zwei Liebende standen sich gegenüber. Der liebende Vater und der liebende Bräutigam, dazwischen die beide liebende Braut. Um seine Liebe zu beweisen, zahlte der Bräutigam einen Brautpreis oder brachte Geschenke. Kennst du den "Brautpreis", den Jesus gezahlt hat?
Johannes Arnold
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.