Andacht vom 08.11.2008:
Ist es leichter Gott zu lieben ...?
Das andere aber ist dem gleich: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Matthäus 22,39
Auf die Frage des Schriftgelehrten nach dem wichtigsten Gebot nannte Jesus weder eines der Zehn Gebote noch eine der vielen Weisungen der Gesetze des Alten Testaments. Er verwies statt dessen auf die Liebe zu Gott als das höchste und größte Gebot: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen ..." (5 Mo 6,5).
Wie aber ist zu verstehen, dass Jesus es das höchste und größte Gebot nennt und unmittelbar darauf sagt: "Das andere aber ist dem gleich"?
Damit gibt er beiden das gleiche Gewicht und verdeutlicht, dass man eines nicht gegen das andere ausspielen darf. Zwar steht jeder zuerst in Beziehung zu Gott; in der Nachfolge Jesu jedoch erhält die Nächstenliebe das gleiche Gewicht. Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten gehören zusammen, so wie die beiden Zeiger an einer Turmuhr. "Wir wissen, dass wir durch Christus vom ewigen Tod gerettet wurden und jetzt ein neues Leben haben. Das zeigt sich an der Liebe zu unseren Brüdern. Wer diese Liebe nicht hat, der bleibt dem ewigen Tod ausgeliefert". (1 Jo 3,14 Hfa) Unsere Liebe zu Gott wird für die Umwelt nur glaubhaft, wenn sie verknüpft wird mit der Liebe zum Nächsten.
Auf die Frage: "Wer ist mein Nächster?", hat Jesus in dem bekannten Bericht vom barmherzigen Samariter (Lk 10,29-37) die Antwort gegeben. Der Nächste ist für einen Nachfolger Jesu derjenige, der ihm in seiner Not begegnet und auf seine Hilfe angewiesen ist. Jesus selber hat nicht alle Aussätzigen in Israel geheilt, wohl aber diejenigen, die ihm in ihrer Not begegneten. Nächstenliebe macht mich nicht verantwortlich für die ganze Welt, wohl aber für den Menschen, der mir in seiner Not begegnet.
Gleichnis und Gebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten mahnen uns zugleich, auf das notwendige Gleichgewicht zu achten. Mancher opfert sich buchstäblich für andere auf- nicht nur in Familie und Freundeskreis, sondern auch in der Gemeinde. Solche Bereitwilligkeit wird oftmals ausgenutzt - und eines Tages fühlt man sich müde, leer, oft sogar depressiv.
Wer noch so beispielhaft im Dienst am Nächsten aufgeht, doch die Liebe zu Gott zu kurz kommen lässt, wird eines Tages wie "ausgebrannt" sein. Weil uns Jesus davor bewahren will, stellt er die Liebe zu Gott und zum Nächsten gleichwertig nebeneinander. Bitte ihn, dir zu helfen, das notwendige Gleichgewicht zu finden in der Liebe zu Gott und zum Nächsten.
Manfred Böttcher
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
