Andacht vom 27.07.2004:
Unabhängigkeit
Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Matthäus 18,3
Was ist so besonders an Kindern? Sind sie weniger böswillig als Erwachsene? Werden sie erst durch die Umwelt verdorben? Aber nein! Wer sich an seine Kindheit erinnert oder Kinder großzieht, weiß um das Böse, das in jedem Herzen lauert. Auch die oft erwähnte Vertrauensseligkeit der Kinder muss nicht als ideal angesehen werden, zumal die Kinder heute zum "kritischen Denken" erzogen werden.
Das Typische am Kind ist seine Abhängigkeit von den Eltern. Kinder brauchen Mütter, die sie stillen, streicheln, pflegen. Und sie brauchen Väter, die sie mit fester Hand ins Leben einführen. Kinder spüren diesen Bedarf. Solange sie klein sind, ist ihnen diese Abhängigkeit selbstverständlich. Später lernen sie, vieles selbst zu können - und bilden sich manchmal ein, die Eltern nicht mehr zu "brauchen".
Der modern denkende Mensch meint, Gott nicht nötig zu haben. Er sucht die Antwort auf seine Lebensprobleme innerhalb seiner eigenen, begrenzten Sphäre. Wissenschaft und Genie, Forschung und Technologie haben uns weit gebracht - sie sind unsere neuen "Götter", denen wir vertrauen und die wir verehren.
Hand aufs Herz: Woher erwarten wir Rat? Von Menschen und Institutionen, von unserem Können? Oder sind wir uns unserer eigenen Grenzen bewusst und bitten den himmlischen Vater um Hilfe, der als erster gefragt werden möchte? Er weiß alles am besten.
Kindsein heißt nicht, in Unreife, in Naivität verharren zu wollen; es bedeutet auch nicht, absichtlich unselbstständig zu bleiben. Kindsein heißt: mit dem Vater im Gespräch bleiben, sich beraten und helfen lassen, von IHM lernen, IHM nacheifern, IHM ähnlich werden.
Sylvia Renz
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.