Andacht vom 29.07.2009:
Glaube "aus dem Bauch" heraus
Hört zu! Ein Bauer ging aufs Feld, um zu säen. Als er die Körner ausstreute, fiel ein Teil von ihnen auf den Weg. Da kamen die Vögel und pickten sie auf. Andere Körner fielen auf felsigen Grund, der nur mit einer dünnen Erdschicht bedeckt war. Sie gingen rasch auf, weil sie sich nicht in der Erde verwurzeln konnten; aber als die Sonne hochstieg, vertrockneten die jungen Pflanzen, und weil sie keine Wurzeln hatten, verdorrten sie. Markus 4,3-5 (Gute Nachricht Bibel)
Wenn Gott sein Wort in die Welt streue, falle ein Teil des guten Samens auch auf felsigen Grund, sagte Jesus. Was sind das für Leute, die er dabei im Auge hatte? Offenbar nehmen sie die Botschaft von der Versöhnung und vom Reich Gottes bereitwillig an. Das Evangelium beeindruckt sie, und sie meinen es ehrlich mit dem Glauben. Dennoch reift keine Frucht heran. Woran liegt das? Wohl daran, dass ihr Glaube zu stark auf der Gefühlsebene angesiedelt ist, ohne tiefere Wurzeln zu schlagen.
Keine Frage: Das Gefühl ist ein wichtiger Bereich im Leben des Menschen. Aber Gefühle sind ihrem Wesen nach unbeständig und abhängig von Stimmungen und äußeren Gegebenheiten. Wichtige Entscheidungen - etwa die Wahl des Berufs oder des Ehepartners oder die weltanschauliche und religiöse Orientierung - dürfen sich nicht nur aufs Gefühl stützen. Vor allem der Glaube an Gott muss Wurzeln in alle Bereiche des Lebens treiben können. Gefühlsorientierte Religion nährt sich vom Wohlbefinden und Wohlergehen. Sobald diese gefährdet sind, gerät der Glaube in die Krise. Gefühlsglaube hält starken Belastungen nicht stand.
In Südfrankreich gibt es einen Schlossturm, den man den "Turm der Standhaftigkeit" nennt. Während der Hugenottenverfolgungen unter Ludwig XIV. schloss sich dort die Kerkertür hinter einer Anzahl protestantischer Frauen. Marie Durand verbrachte achtunddreißig Jahre in diesem Verlies. Dabei hätte es sie nur ein Wort gekostet - nämlich die Absage an ihren evangelischen Glauben -, und die Türen in die Freiheit hätten sich geöffnet. Aber dieses Wort wurde nicht gesprochen.
Ob unser Glaube wirklich etwas taugt oder nur religiöse Verzierung ist, zeigt sich, wenn wir in Schwierigkeiten geraten. Möge der Herr uns dann die nötige Kraft und Standhaftigkeit schenken!
Günther Hampel
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.