Andacht vom 19.10.2010:
Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: "Eines fehlt dir ... komm und folge mir nach!" Markus 10,21
Ich fotografiere leidenschaftlich gern. Und wenn mich andere dabei beobachten, steht ihnen oft ein Lächeln im Gesicht. Warum? Ich probiere aus welcher Perspektive ein Motiv am besten aussieht, stelle mich auf die Zehenspitzen, knie mich hin und manchmal lege mich auch auf den Bauch.
Oft stehe ich wieder auf, ohne ein Foto geschossen zu haben. Vieles beeinflusst ein Bild und je länger ich beobachte, desto mehr Details fallen mir ins Auge, desto bedeutsamer wird der Blickwinkel und desto mehr Einzelheiten werden mir bewusst. Nicht selten komme ich ins Staunen über das, was ich anfangs noch gar nicht bewusst wahrgenommen hatte.
Zeit investieren, um etwas von seiner schönsten Seite zu entdecken - beim Fotografieren nehme ich mir dafür die Zeit. Aber wie viel Zeit investiere ich, um die schönste Seite eines Menschen zu entdecken, und ihn so zu sehen und zu schätzen, wie Gott ihn sieht und schätzt?
Jesus begegnete einmal einem reichen jungen Mann, der nicht weiter wusste und eine wichtige Frage hatte. Markus berichtet: "Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb." (Mk 10,21) Was mag Jesus alles in diesem jungen Mann gesehen haben?
Was sehe ich heute in den Menschen, die mir gegenüberstehen? Sehe ich nur das, was ich sehen will und meine, schon alles zu wissen, oder schaue ich genauer hin? Nehme ich mir die Zeit, den Anderen von seiner schönsten Seite zu entdecken? Gebe ich mir die Chance, ihn Liebzugewinnen?
Christus betrachtet jeden Menschen so wie damals den jungen Mann. Wie betrachte ich meine Mitmenschen? Mache ich mir die Mühe, ihre Perspektive zu verstehen? Habe ich den Mut, mir für sie auch einmal etwas schmutzig zu machen?
Wer genauer hinschaut, sieht mehr und kann ins Staunen kommen - über die Einzigartigkeit des Anderen, seine Schönheit, seine Begabung oder die Kreativität, die Gott ihm gegeben hat.
Ich möchte bei Menschen noch genauer und liebevoller hinschauen und in ihnen die Handschrift Gottes entdecken!
Stephanie Keim
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.