Andacht vom 08.04.2006:
Nagelprobe in Gethsemane
Mein Vater, ist's nicht möglich, dass dieser Kelch an mir vorübergehe, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille! Matthäus 26,42
Jesus in Gethsemane - hier kämpft er den härtesten Kampf seines Lebens. Zuerst geht es für ihn darum, sich selbst und seinen Willen dem unterzuordnen, was Gott will. Jesus soll und will - so sieht es der göttliche Plan vor - durch seinen Tod am Kreuz die Schuld der Menschheit sühnen. Aber Jesus ist nicht nur Gottes Sohn, sondern auch Mensch. Deshalb fühlt er angesichts der Schrecken, die ihn erwarten, auch wie ein Mensch. Kein Wunder, dass er in Todesangst gerät. Im biblischen Bericht heißt es: "Jesus litt Todesängste und betete so eindringlich, dass sein Schweiß wie Blut auf die Erde tropfte." (Lk 22,44 Hfa) So verzagt hatten seine Jünger ihn noch nie gesehen. Bisher kannten sie ihn als Wundertäter, als Tröster, als Sieger über Dämonen und den Tod. Immer war er Herr der Lage gewesen. Doch in Gethsemane geht es um das Geschick der gesamten Menschheit. Hier fällt die Entscheidung über ewiges Leben oder ewigen Tod für alle, die jemals gelebt haben und leben werden. Jesus und Satan stehen sich Auge in Auge gegenüber - und der Feind ist gnadenlos.
Es hat im Verlauf der Geschichte unzählige Märtyrer gegeben. Sie gaben ihr Leben hin für eine Idee oder wegen ihres Glaubens. Jesus dagegen opferte sein Leben, um die Last der Sünde anderer auf sich zu nehmen - das, was ein Dichter einmal das "Weltgewicht" genannt hat.
Deshalb wundert es nicht, dass Jesus in dieser Lage die Nähe seiner Freunde sucht. "Bleibt hier und wacht mit mir!" (Mt 26,38) Sie können ihm zwar die Last nicht abnehmen, doch sie können ihm wenigstens nahe sein, für ihn und mit ihm beten. Doch selbst diesem Liebesdienst sind sie nicht gewachsen. Jesus kämpft um Leben und Tod für sich und die Welt - seine Jünger kämpfen mit dem Schlaf. "Könnt ihr nicht eine einzige Stunde mit mir wach bleiben?", klagt der Angefochtene (V. 40 GNB). Den letzten Schritt des Wegs geht jeder allein - auch Jesus. Wie gut, dass er seine ganze Seele "ausschütten" kann bei dem, der niemals schläft. Wohl uns, dass auch wir - durch Christus - im Leben und Sterben eine offene "Tür nach oben" haben. Wer sich dessen bewusst ist, kann auch beten: "Vater, dein Wille geschehe!"
Albrecht Höschele
Quelle: Andachtsbuch des Advent-Verlags Lüneburg - mit freundlicher Genehmigung.
