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Verfasser: Pierre Intering
Erschienen in:Top Life Aktuell 1103

Geistlich arm? - Warum Jesus die geistlich Armen segnete

Der allererste Satz Jesu in seiner berühmtesten aller Reden, der Bergpredigt, beginnt mit einem Segen auf die geistlich Armen: "Selig sind, die geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich." Matthäus 5,3 Dieser Satz dürfte auch heute nicht auf Anhieb verständlich sein. Wer ist denn geistlich arm? Wäre es nicht logischer, wenn Jesus die geistlich Reichen gesegnet hätte? Ist das eine Aufforderung, den eigenen Glauben und die eigenen Überzeugungen möglichst klein zu halten? Es klingt ja beinahe so, dass, je weniger man von Gott weiß, man desto eher zu ihm kommt. Oder hat das Ganze vielleicht doch eine völlig andere Bedeutung? Es gibt da einige Begebenheiten, die deutlich machen, worum es Jesus bei diesem Ausspruch ging. Sich ein wenig in die biblischen Geschichten zu vertiefen, lohnt sich auf alle Fälle.

Die Kirchenführer und Jesus

Jesus hatte seine liebe Not mit vielen von denen, die der damaligen Gemeinde/Kirche vorstanden. Es kam immer wieder zu Diskussionen mit den als fromm angesehenen religiösen Führern. Einmal erzählte Jesus folgende Geschichte seinen Zuhörern, unter denen sich etliche dieser Leiter, sogenannte Pharisäer, befanden: "Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: 'Gott sei mir Sünder gnädig!'" Lukas 18,10-13

Was muss der Pharisäer doch für ein frommer Mann gewesen sein! So mögen manche gedacht haben und er selbst wohl am meisten. Nicht umsonst verglich er seine Verdienste mit dem Versagen des Zöllners, der doch nichts als Verachtung verdiente.

Unrecht bleibt Unrecht

Tatsache ist, dass sich Jesus nicht scheute, Unrecht beim Namen zu nennen. Auch er verurteilte Raub, Betrug und Ehebruch. Der Pharisäer hatte schon recht, wenn er in diesen Dingen Sünden sah, die überhaupt nicht im Sinne Gottes waren. Es wäre auch seltsam gewesen, wenn Jesus diese Dinge verharmlost hätte. Er sprach recht deutlich darüber und blieb dabei nicht an der Oberfläche. In der Bergpredigt packte er z.B. eines dieser Übel unmissverständlich bei den Wurzeln: "Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen." Matthäus 5,28

Dieser Standpunkt muss wohl ernüchternd für die sein, die meinen, der "liebe Gott" nehme das ja nicht so genau, und sehe über diese Dinge hinweg oder mache zumindest kein so großes Drama daraus. Auch wenn viele heute so denken, hat Jesus bestimmt nicht so gedacht. Im Gegenteil. Schon den Gedanken bezeichnete er als Übertretung des göttlichen Gebotes. Das ist Sünde, ganz klar. Schon beim Gedanken beginnt das Unrecht. Das sollte allen bewusst sein. Schon hier sollte man dem Unrecht keinen Raum geben.

Verborgenes Unrecht

Jesu Worte schmeichelten den Pharisäern nicht. Der, der sich doch um so vieles besser als dieser Zöllner gehalten hatte, fand sich plötzlich auf der gleichen Ebene - auch er war vor Gott schuldig. Seine Gebete und frommen Riten konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch er Einsicht und Vergebung bräuchte. Ein schrecklicher Gedanke für einen hoch angesehen Theologen, der doch den Mitmenschen den Weg weisen sollte.

Die Begegnung mit Jesus, dem Sohn Gottes, war überhaupt von Schuldbewusstsein geprägt. Petrus fiel ihm sogar vor die Füße und bat: "Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch." Lukas 5,8

Hätte der Pharisäer diese Szene gesehen, würde er nur Verachtung für solch eine Erniedrigung gehabt haben. Das war doch unter jeder Würde. Wie ganz anders aber beurteilte Jesus den Menschen. Er sah das Unrecht, verharmloste es nicht, aber machte den entscheidenden Unterschied zwischen der Sünde selbst und dem Menschen. Dieser wurde von ihm nicht verachtet. Im Gegenteil: Jesus war für ihn auf die Erde gekommen, liebte ihn bedingungslos und ließ ihn in seinem Elend und seiner Verlorenheit nicht allein. Er spendete keinen billigen Trost und erteilte auch keine Absolution im Zusammenhang mit irgendwelchen Bußestaten, die der Mensch vorher verrichten sollte.

Wann wird vergeben

Tatsächlich war es kein komplizierter theologischer Vorgang, Vergebung zu bekommen. Und doch war es ein Weg, der vom Menschen etwas abverlangte, zu dem der Pharisäer nicht bereit war. Jesus predigte: "Tut Buße und glaubt an das Evangelium!" Markus 1,14 Ja, Jesus rief zur Buße auf. Dies war aber im Sinne von Reue und Einsicht und nicht im Sinne von Sühneleistungen. Die Einsicht, schuldig geworden zu sein, war der Beginn der Heilung und des neuen Lebens. Dabei spielte die Größe der Schuld nur eine untergeordnete Rolle. Waren die Einsicht und Reue echt, konnte die Schuld nicht schwer genug sein, dass der Betreffende doch seinen Frieden finden konnte. Jesus brachte dies im Zusammenhang mit der Ehebrecherin auf den Punkt: "Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel Liebe gezeigt; wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig." Lukas 7,47

Nicht dass jemand erst große Schuld auf sich laden müsste, um lieben und dankbar sein zu können. Aber oftmals erhebt sich der Mensch, der „gar nicht so schlecht“ ist, über andere, wird hochmütig, und Dankbarkeit hat er nicht nötig. Dabei lud er, in seiner Gedankenwelt und besonders auch in seiner Haltung seinen Mitmenschen gegenüber, oft mehr Schuld auf sich als der offensichtliche Sünder.

Wir alle sind Sünder

Der Mensch misst sich gerne mit dem Schwächeren. Dadurch kommt er immer besser weg. Vor Gott sind aber alle schuldig geworden. Niemand, wirklich niemand, kann und sollte sich rühmen: "Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer. ... Sie sind alle abgewichen und allesamt verdorben. ... Denn es ist hier kein Unterschied: Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten." Römer 3,10.12.22.23

Geistlich arme Menschen sind die, die sich dieser Erkenntnis nicht widersetzen. Denen ihr Mangel bewusst ist und die sich nicht rühmen wie der Pharisäer, der sich so viel besser sah als der sündige Zöllner. Diese Art der geistlichen Armut führt zu einem reichen Leben, in dem Schuld bekannt, bereut und vergeben wird. In diesem Leben finden gewaltige Veränderungen statt. Der Zöllner hört auf zu betrügen und setzt sich für Gerechtigkeit ein, wohingegen sich der Pharisäer weiter zu sich selbst und zu seiner vermeintlichen Frömmigkeit beglückwünscht. Gott bewahre vor diesem geistlichen Hochmut und schenke die Einsicht des geistlich Armen.

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